Cão da Serra da Estrela

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Der Hirtenhund aus den Bergen der  Serra da Estrela

Vorwort

In Portugal gibt es unterdessen vier Hirtenhunderassen, wohl die älteste ist der Estrela, die jüngste anerkannte Rasse der Cão da Gado Transmontana. Aus dem raueren Norden kommt der Cão da Castro Laboreiro und im Süden des Landes lebt der Rafeiro da Alentejo.

Diese Rassen gelten allgemein als etwas weicher, als andere Hirtenhunderassen und ob das stimmt, wird in diesem Portrait mindestens beim Estrela stehen.

Abstammung

Über diese ist erstaunlich wenig bekannt und Stöbern im Internet bringt auch  nicht viel, so ist auf den meisten Seiten mehr oder weniger immer das gleiche zu finden und das liest sich so:

„ … Diese Rasse gehört zu den ältesten Rassen der Iberischen Halbinsel. Es bestehen wenig Dokumente, die seine Herkunft beweisen, aber man weiß, dass die Hirten aus dieser bergigen Gegend in Portugal (bis zu 2000 Meter hoch) seit Jahrhunderten diesen Hund brauchen, um ihre Herden vor Wölfen und Diebe zu schützen. Als die Wölfe aus dieser Bergregion verschwanden in den Jahren 60 - 70 (in Portugal gibt es nördlich noch ca. 300 - 400 Wölfe, welche geschützt sind), war die Rasse in Gefahr, denn die Hirten begnügten sich mit kleineren Hunden und zu dieser Zeit wanderten auch viele Hirten als Gastarbeiter in andere Länder. Zu dieser Zeit erkannte man den Wert dieser Rasse als guten Wachhund und es kamen die ersten Züchter auf.“

Über seine Abstammung, sagt wenigstens der Club in Portugal, ist wenig bekannt. Mut zur Lücke und endlich mal das Bekenntnis, man kann nicht alles wissen. Vor allem dann nicht, wenn eine Tradition wie die der Hirtenhunde sich in der Regel nicht auf schriftliche Überlieferungen berufen kann.

Foto: Sybille Mehl

Alt sind Estrela bestimmt und auch ihre Herkunft dürfte nicht im totalen Dunkel liegen. Aber bevor spekuliert wird, ist es eben vernünftiger zu sagen, wir wissen es nicht.

Vergleicht man aber die Hirtenhunde Portugals mit den restlichen der iberischen Halbinsel, also den „Kollegen“ aus Spanien, fällt auf, sie sind alle wesentlich schlanker und kleiner als die „Spanier“ und sie unterscheiden sich auch im Wesen. Es könnte also sein, dass Estrela zwar genauso, wie die anderen europäischen Hirtenhunden aus Mesopotamien stammen, dass sie aber etwas „fauler“ waren und nicht den mühseligen und langen Landweg über den halben Kontinent nahmen, sondern den „bequemeren“ Seeweg wählten.

Und da kommt mir schon ein Gedanke: Da Portugal eine alte Seefahrernation und ein „Küstenland“ ist und bestimmt auch Haustiere importiert wurden, hat man klugerweise bei der Gelegenheit auch gleich gute Hunde mitgenommen und aus denen haben sich Estrela entwickelt. Oder die Rasse ist noch älter und da hätte dann eine andere Seefahrernation ihre Finger im Spiel, die Phönizier.

Quelle: Wikipedia

Aber noch mal zurück zur Abstammung und dem Internet und dort taucht dann natürlich auch wieder mal die schon berühmte „graue Vorzeit“ auf, nur wann die war, schreibt niemand, wenn es dann heißt:

„ … Seit sehr langen Zeiten ist dieser Berghund in der Gegend der Serra da Estrela (Gebirge im Norden Portugals) ansässig. Der wirkliche Ursprung dieser Rasse jedoch verliert sich in grauer Vorzeit; sicher aber ist diese Rasse eine der ältesten auf der iberischen Halbinsel. Man trifft diesen Hund von den ersten Vorläufern der Berge bis in die höchsten Alpweiden (bis auf 2000 m über Meer), vor allem im Sommer, wenn nach der Schneeschmelze das Gras auf den Bergweiden wächst und das Vieh dort hinauf getrieben  wird, während in den tiefer gelegenen Gebieten die übermäßige Hitze das Gras vollständig ausdörrt. Die Hunde begleiten die Herde, bewachen sie umsichtig und verteidigen sie gegen wilde Tiere, die die Umgebung unsicher machen.“

Na ja, im Norden von Portugal liegt die Serra da Estrela nicht gerade, sondern eher in der Mitte des Landes, aber egal.

Näher kommt man dann mit der folgenden Beschreibung, denn die stimmt in meinen Augen:

„ … Der Cão da Serra da Estrella ist eine der Rassen, die ursprünglich aus Asien stammen. Er wird in Portugal als Schäferhund benutzt, d.h. er beschützt das Vieh.“

Gott sei Dank stammt der Estrela nicht von den Hirtenhunden Tibets ab, oder anders ausgedrückt, auf die Idee ist bisher niemand gekommen.

Aber es tauchen wieder mal die „guten alten Molosser“ auf. So meint man in Portugal, die Rasse stamme von den alten Molossern Centralasiens ab. Die hat es dort nie gegeben und daher kann diese Abstammung auch nicht sein. Denn der Begriff Molosser ist „neumodisch“.

Tessa Da  Quinta de S. Fernando
Foto: Rita Hugi

Eine andere Quelle vertritt die Ansicht, die Westgoten brachten verschiedene große Hund auf die iberische Halbinsel mit und die waren die Vorfahren der Hirtenhunde dort.

Aber nach meiner Meinung gab es zu dieser Zeit bereits Nutztiere wie Schafe und Ziegen in Spanien und Portugal und daher auch Hirtenhunde. Möglich aber, dass die „Eroberer“ der beiden Länder auch Hunde mitbrachten aus ihrer bisherigen Heimat. Dort aber gab es in der Hauptsache weiße Hunde, der Estrela ist aber höchstens in beige, also einer Farbe ähnlich dem Kangal, anzutreffen.

Heller Estrela
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Die Geschichte mit den Molossern hatten wir schon in anderen Portraits. Beim Estrela sind sie sicher auch nicht als Vorfahren zu sehen, denn vergleicht man deren „Eleganz“ mit den so genannten „Molossern“, wäre es ein schwerer Weg und auch ein schwerer Fehler gewesen, diese Hunde derart „umzustricken. Im übrigen entspricht der Charakter des Estrela in keiner Weise irgendwelchen „Kriegs - und Kampfhunden“.

Daher lohnt es sicher, noch mal zu überlegen, ob die Geschichte mit dem Seeweg nicht stimmen könnte.

Die Phönizier

Die Phönizier waren keine geschlossene Volksgruppe, wie oft dargestellt, sondern sie lebten in einem großen Verbreitungsgebiet und in verschiedenen Stadtstaaten, deren Namen sie dann auch als „Volksnamen“ annahmen.

Ihr Ursprung ist semitisch, einer Glaubensrichtung des Islam und ihr ursprüngliches Verbreitungsgebiet der heutige Libanon und Syrien. Aber auch entlang der Mittelmeerküste siedelten sie in einer ganzen Reihe von Stadtstaaten, die wichtigsten waren .Akko, Arwad, Arados, Byblos, Berytos, Sidon und Tyros, wobei Tyros zwischen 1000 v. Chr. bis ca. 774 v. Chr. die führende Macht war.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Dank dieses großen Verbreitungsgebietes sind die Phönizier eines der führenden Handelsvölker. Der Name leitet sich von der griechischen Bezeichnung Phoinikes ab. Wikipedia schreibt dazu:

„ … Dieser Begriff ist seit Homer belegt und steht im Zusammenhang mit phoinix, griechisch für purpurrot: Das Färben von Stoff mit Hilfe von Purpurschnecken war ein typisch phönizisches Handwerk. Der Begriff steht auch im Zusammenhang mit phoinos, griechisch für blutrot, mit dem wiederum phonos, griechisch für Mord und phoneuo, griechisch für töten verwandt sind.“

Zu den phönizischen Kolonien oder Stadtstaaten zählte Karthago, von den Römern als Poeni (Punier) bezeichnet.

Über das Verhältnis der Phönizier zu den Ägyptern schreibt Wikipedia:

„ … In ägyptischen Quellen werden die Phönizier unter Fenchu erwähnt. Der Ausdruck Fenchu wurde in Verbindung der mit ihnen handelnden Inseln der Ägäis genannt: Inseln der Fenchu.

Entsprechende Darstellungen finden sich auch in den thebanischen Gräbern im Tal der Könige aus der Zeit von Thutmosis III. und seinen Nachfolgern: Tribute erfolgen von Retenu, Keftiu und den Inseln des großen Meeres. Jedes verborgene Land und alle Inseln der Fenchu sind Ägypten untertänig.“

Der Name Phönizier leitet sich übrigens aus der griechischen Mythologie ab. Denn als Stammvater gilt Phoinix, der Bruder von Kadmos und Europa.

Und nach den Historien des Herodot stammten die Phönizier aus Kanaan und hatten ihren Ursprung im Gebiet des Persischen Golfs.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Zur Herkunft heißt es:

„ … Nach den Historien des Herodot stammten die Phönizier aus Kanaan und hatten ihren Ursprung im Gebiet des Persischen Golfs.“

Die Phönizier schufen nicht nur als erste eine Urform des europäischen  Alphabets, sie  waren auch  die ersten bekannten Benutzer der Farbe Purpur. „Lieferant“ dieser königlichen Farbe war die Purpurschnecke. Phönikische Gewebe, besonders Purpurstoffe, waren in Griechenland sehr geschätzt.

Aber nicht nur der Handel mit diesen Stoffen war ein wichtiger Bestandteil der Wirtschaft. Solange es dieses berühmte Holz gab, verkaufte man die besonders für den Schiffbau geeigneten „Libanonzedern“ in alle Teile der damaligen Welt. Als die Bestände vernichtet waren, ging das ehemals mächtige Reich unter. Einer der Abnehmer für das Holz war übrigens Mesopotamien.

Reich wurden die Phönizier also letztendlich durch ihren Handel, basierend auf ihrer mächtigen Handelsflotte aus Libanonzedern.

Es ist schon an geklungen, die Phönizier waren hervorragende Seefahrer und kolonisierten den Mittelmeerraum von Zypern über Sizilien bis Spanien und Portugal und sie handelten mit Britannien. Darstellungen ihrer Schiffe kann man z. B. bewundern auf Neo-Assyrischen Reliefs bekannt, etwa aus sargonischer Zeit aus Niniveh.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Das unter anderem Schafe zu den wichtigsten Haustieren gehörten, kann man am Opferkult erkennen. Wikipedia schreibt dazu:

„ …Das häufigste Opfertier war das Schaf (viele Lämmer), gefolgt vom Rind. Vier vollständige Schafskelette im Vorhof von Tempel 1 werden von Nobis als Bauopfer gedeutet. In der Nähe des Altars lagen 15 Rinderschädel, meist von noch nicht völlig ausgewachsenen Stieren (unter zwei Jahren). Die Schädel wurden vielleicht auch im Kult verwendet, worauf Bearbeitungsspuren an den Schädeln deuten. Manche Schulterblätter sind gekerbt, vielleicht wurden sie bei Orakeln verwendet. Von Schaf und Rind liegen jedoch die verschiedenen Körperteile in durchaus unterschiedlichen Anteilen vor, sodass bezweifelt werden kann, dass immer ganze Tiere geopfert wurden bzw. im Tempelbereich verblieben.“

Klar dürfte dann auch sein, dass in den Regionen, aus denen die Phönizier stammten, der Schutz ihrer Haustiere durch Hirtenhunde nötig war. Und etwas derart praktisches wie einen Hirtenhund kann man gut „vermarkten“.

Und dann kommen die Phönizier auch sehr wohl als "Erfinder“ der portugiesischen Hirtenhunde in Betracht.

Geschichte

Auch der Estrela war wie die anderen Hirtenhunde sicher Jahrhunderte lang kein Rassehund im heutigen Sinne. Die Hirten des Serra Estrela züchteten Hunde für die Arbeit und irgendwelche Ahnentafeln benötigten sie dazu nicht.

Aber auch vor Portugal machte die Einteilung und anschließende Erfassung der verschiedenen Hunde in Rassen nicht halt.

Im Jahre 1908 fand die erste Ausstellung in Lissabon statt, im gleichen Jahr folgte noch eine Ausstellung im Herzen der Heimat des Estrela, in Manteigas.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Etwa 1911 wurde mit der Reinzucht begonnen, der erste Standard wurde zwar schon 1922 verfasst, der heute gültige allerdings erst 1933 von Prof. Marques.

Von Anfang an waren die beiden Schläge - Lang - und Kurzhaar - gleichberechtigt. Wobei unter den Arbeitshunden die Haarlänge überhaupt keine Rolle spielte.

Bis in die jüngste Zeit ist der Estrela immer als Arbeitshund eingesetzt worden. Denn obwohl seit den achtziger Jahren in der Serra Estrela keine Wölfe mehr leben, halten die Hirten heute wieder ihre alten Schläge des Estrela. Unter anderem auch deswegen, weil die Serra Estrela Touristengebiet ist und die Nutztiere Schutz benötigen vor streunenden Hunden oder den Hunden der Touristen.

Arbeitshund mit nach außen gerichtetem Stachelhalsband
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

In verschiedenen Gebieten tauchen immer wieder Wölfe auf, die in Portugal geschützt sind. Sind dann keine Hirtenhunde vorhanden, hilft die „Grupo Lobo“ mit Tieren aus. Dabei ist es erstaunlich, wie schnell die Hunde den Schutz völlig fremder Nutztiere übernehmen. Und natürlich dienen sie auch zum Schutz vor zweibeinigen „Räubern“.

Der Bestand an Wölfen wird im Land auf ca. 300 - 500 Tiere geschätzt. Immer wieder kann man auch Wölfe in den Ausläufern der Serra Estrela beobachten.

Historisches Foto aus dem Buch von Roger F. Pye

Schon immer in seiner Geschichte war der Estrela kein reiner „Herdenschutzhund“, sofern man diesen neudeutschen und reichlich verunglückten Ausdruck überhaupt benutzen kann. Denn er wurde für viele „Tätigkeiten“ eingesetzt. So sah ich mal Bilder eines Estrelas mit Packtaschen. Nichts besonderes, sagte man mir. Denn man würde die Hunde auch zum Ziehen von kleinen Milchwagen benutzen, ähnlich den Sennehunden in der Schweiz.

In anderen Portraits habe ich geschrieben, die meisten Hirtenhunde überlebten sicher nur dann, wenn man sie als Arbeitshunde erhält. Beim Estrela ist das etwas anders, denn die Rasse erfreut sich großer Beliebtheit als Familienhund. Und er bewacht auf dem Lande sehr zuverlässig Grundstücke und Häuser.

Erfreulicherweise hat der Bestand an „Hirtenhunden“ zugenommen und die Zuchtbasis ist im Lande in der Regel sehr gut. Im Gegensatz zu anderen Rassen ist der Estrela daher nicht gefährdet. Man findet auch Hunde verstreut in  anderen Gegenden des Landes, besonders im Zentrum, wo entweder Welpen aus der Serra  Estrela eingeführt oder von Züchtern gezüchtet werden, deren Hunde aus der Serra da Estrela stammen. Und auch in Portugal hat das Militär die Hunde „entdeckt“.

In vielen Ländern erfreut sich der Estrela großer Beliebtheit. So wird seit Jahren die Rasse in Holland erfolgreich gezüchtet und auch in England gibt es eine beachtliche Population, die sich allerdings zu ihrem Nachteil entwickelt hat. Englische Züchter versuchen daher mit Portugiesen, die Basis zu verbessern.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Weiter gibt es den Estrela vermehrt in Frankreich, Schweden, Norwegen, Finnland und Tschechien. In letzter Zeit sind etliche Exemplare nach den USA verkauft worden, wo ein (kleiner) Estrela - Klub entstanden ist.

Im Mutterland Portugal gibt es wohl Bestrebungen, mit einem Wesenstest die Arbeitsfähigkeit und Wachsamkeit der Zuchthunde zu fördern. Denn man hat erkannt, dass die Rasse schwer geschädigt wird, wenn man ein zu großes Gewicht auf die Schönheit, also auf reine Äußerlichkeiten legt.

Derzeit werden in Portugal pro Jahr etwa 1400 Hunde in des Zuchtbuch LOP  eingetragen, nicht zu reden von den vielen Estrela,  die ohne Stammbaum existieren.

Auch in Deutschland gibt es Estrela, allerdings ist die „Fan - Gemeinde“ äußerst klein. Der Versuch, hier kurzhaarige Hunde zu züchten, war nicht gerade sehr erfolgreich. Die wenigen Halter, die ich kenne, waren von ihren Hunden begeistert, zumal dann, wenn sie andere Hirtenhunderassen kannten. Einen Artikel haben wir im „Kaukasen - Blättle“ veröffentlicht, ein Auszug:

„ … Eingeführt wurden unsere ersten zwei Estrela von der „Gesellschaft zum Schutz der Wölfe“ unter Mithilfe der „Grupo Lobo“ aus Portugal. Da es in der Lausitz gelegentlich zu Wolfsübergriffen kam,  wurde ein Projekt geschaffen, Hirtenhunde wieder in die Herden zu bringen. Mein Schäferkollege Gerhard Baumann sowie ich hatten schon früher Hirtenhunde in oder an der Herde, daher waren wir natürlich begeistert. In unserer Gegend gibt es keine Wölfe, aber seit unseren  ersten Hirtenhunden sind uns keine Autobatterien, Stromgeräte, Pferchnetze, Schafe und vor allen Dingen Lämmer abhanden gekommen und das waren einmal über sogar fast 100 Stück im Jahr.“

Informationen über die Zucht in Portugal gibt es beim Rasse - Klub „ Licrase“ www.licrase.org .

Serra da Estrela

 

Foto: Lisa Bergheim
http://nessaaltura.blogspot.com/

Übersetzt Stern - Gebirge, ist der westlichste Teil des iberischen Scheidegebirges und das höchste Gebirge Portugals mit dem Torre (1993 Meter) als höchstem Gipfel. Liebvoll nur Serra genannt bildet das Kerngebiet des Gebirges heute den Naturpark Parque Natural da Serra da Estrela Die Serra ist der südlichste Teil der historischen Provinz Beira Alta.

Foto: Lisa Bergheim
http://nessaaltura.blogspot.com/

Das Gebirge ist geprägt von natur belassenen Wäldern und einigen Seen. In der Serra da Estrela entspringen die Flüsse Mondego, Zêzere und Ceira. Die höchsten Gipfel sind baumfrei und bilden das einzige Skigebiet Portugals.

Das Zezere Tal. Der Fluss, der ganz unten im Tal fließt heißt Zezere
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Neben den Hunden hat der Honig der Bergregion und der Käse Queijo da Serra die Serra bekannt gemacht. Leider geht die uralte, traditionelle Herstellung des Käses durch die Hirten zurück zugunsten einer Herstellung in Molkereien. Die Hirten liefern ihre Milch nur noch ab.

Der Hauptort der Serra ist Manteigas, eine Kleinstadt mit rund 4000 Einwohnern. Über die Stadt liest man bei Wikipedia:

„ … Das portugiesische Wort "Manteiga" bedeutet "Butter" und ist eins der wenigen Wörter aus der Zeit vor der römischen Herrschaft in Portugal, die sich aus der Sprache der Urbevölkerung des heutigen Portugals …erhalten haben. Die Gegend um Manteigas ist berühmt für ihre Milchprodukte, z.B. für den Queijo da Serra da Estrela, der als der beste Käse Portugals gilt, und für seine Thermalquellen, "Caldas de Manteigas".

Pousada de São Lourenço – Manteigas
Quelle : Wikipedia

Manteigas bekam das Stadtrecht (portugiesisch foral) im Jahre 1188 durch König Dom Sancho I., welches durch König Dom Manuel I. 1514 erneuert wurde.“

Zugleich ist die Stadt auch Sitz des gleichnamigen Kreises. Zu diesem gehören die Gemeinden São Pedro, Sameiro, Santa Maria und Vale de Amoreira“

Sicher immer für einen Urlaub interessant ist dieses Gebirge mit seiner reichen und schönen Flora und Fauna. Und keine Angst vor den Herden mit ihren Hunden. Denn die Hirten sind Touristen gewohnt und schätzen daher unter ihren Hirtenhunden keine aggressiven Vertreter und wenn eigene Hunde eben teilweise an die Leine genommen werden, gibt es mit den „Wächtern der Herden“ keine Probleme.

Manteigas
Foto: Rita Hugi

Der Standard

Übersetzung : Dr. J.-M. Paschoud und Frau R.Binder.

Ursprung Portugal.

Verwendung

Der Serra da Estrela Berghund ist ein unzertrennlicher Gefährte des Hirten und ein zuverlässiger Wächter über die Herde, die er gegen Wölfe und Viehdiebe hartnäckig verteidigt. Er bewacht auch vorzüglich Haus und Hof, er wird als Schutzhund geschätzt und wird sogar als vortrefflicher Zughund verwendet.
 
Klassifikation FCI: Gruppe 2 Pinscher und Schnauzer - Molossoide - Schweizer
Sennenhunde und andere Rassen.

Sektion 2.2 Molossoide, Berghunde Ohne Arbeitsprüfung

Foto: Sybille Mehl

Kurzer geschichtlicher Abriss

Seit sehr langen Zeiten ist dieser Berghund in der Gegend der Serra da Estrela (Gebirge im Norden Portugals) ansässig. Der wirkliche Ursprung dieser Rasse jedoch verliert sich in grauer Vorzeit; sicher aber ist diese Rasse eine der ältesten auf der iberischen Halbinsel. Man trifft diesen Hund von den ersten Vorläufern der Berge bis in die höchsten Alpweiden (bis auf 2000 m über Meer), vor allem im Sommer, wenn nach der Schneeschmelze das Gras auf den Bergweiden wächst und das Vieh dort hinauf getrieben wird, während in den tiefer gelegenen Gebieten die übermäßige Hitze das Gras vollständig ausdörrt. Die Hunde begleiten die Herde, bewachen sie umsichtig und verteidigen sie gegen wilde Tiere, die die Umgebung unsicher machen.

Man findet auch Hunde dieser Rasse verstreut an anderen Orten des Landes, besonders im Zentrum, wo entweder Welpen aus den Estrela Berggebieten eingeführt oder von Züchtern gezüchtet werden, die aus der Serra da Estrela stammen.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Allgemeines Erscheinungsbild

Der Serra da Estrela Berghund ist ein molossoider, mastiffartiger Hund mit konvexen Profillinien, kompakt und rustikal. Er ist harmonisch gebaut und morphologisch einwandfrei konstituiert; die ausgesprochene Ausgewogenheit der ganzen Erscheinung spricht für eine reinrassige, lokal tief verwurzelte Vergangenheit.

Verhalten - Charakter (Wesen)

Der Serra da Estrela Berghund ist lebhaft in seinen Bewegungen und imposant in seinem Auftreten. Sein Blick ist aufgeweckt, ruhig und ausdrucksvoll. Sein sicheres, manchmal drohendes Verhalten gegenüber Fremden ist Achtung gebietend; andererseits ist er dem Hirten, seinem Herrn, bemerkenswert folgsam.

Kopf

Kräftig, groß. Er ist länglich und leicht konvex, gut angesetzt und in gutem Größenverhältnis zum Körper, genau wie der Oberkopf zum Gesichtsschädel, was zur Harmonie des Ganzen beiträgt. Glatte Haut an Schädel und Backen.

Foto: Sybille Mehl

Oberkopf

Schädel

Stirne und Schädel gut entwickelt, gerundet und im Profil konvex. Der Hinterhauptskamm ist unauffällig.

Stop

Wenig ausgeprägt, in ungefähr gleichem Abstand von der Nasenkruppe wie vom Scheitelpunkt des Schädels.

Gesichtsschädel

Nasenschwamm

Immer von einer dunkleren Farbe als das Haarkleid, vorzugsweise schwarz.

Fang

Sich gegen die Nasenkuppe zu verjüngend, aber nicht spitz; im weitaus größten Teil seiner Länge gerade, gegen das Ende zu leicht konvex (leichte Adlernase).
 
Lippen : Mit klaren Umrisslinien. Lefzen groß, nicht dick, nicht überhängend, gut anliegend. Schleimhaut von Mund und Gaumendach sowie Lippenränder intensiv schwarz pigmentiert.

Kiefer / Zähne

Gut entwickelte Kiefer. Zähne kräftig weiß, gut eingesetzt. Guter Gebissschluss.

Augen

Horizontal, auf gleicher Höhe wie der Rand der Orbita eingesetzt, von ovaler Form, von mittlerer symmetrischer Größe, gut geöffnet; der Ausdruck ist ruhig und aufgeweckt; vorzugsweise von dunkler Bernsteinfarbe; die Augenlider sind eng anliegend und ihre Ränder sind schwarz gefärbt; Augenbrauen einigermaßen ausgeprägt.

7 Monate alten Estrela Hündin
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Ohren

Klein im Verhältnis zum Ganzen (11 cm Länge auf 10 cm Breite), dünn, dreieckförmig, gegen die Spitze zu abgerundet; Hängeohr; auf mittlerer Höhe angesetzt und nach hinten geneigt, fallen sie seitlich eng am Kopf anliegend; an der Basis ist eine kleine Portion der Innenseite des Ohres sichtbar. Kupierte Ohren sind zulässig, aber das natürliche Ohr wird vorgezogen.

Hals

Gerade, kurz und dick; zwischen den Schultern gut eingesetzt; mit einem bescheiden ausgebildeten Haarschopf an der Kehle.

Körper

Rücken Fast horizontal, vorzugsweise kurz.

Lenden breit, kurz, gut bemuskelt und an der Kruppe gut angesetzt, welche leicht schräg abfällt.

Brust

Gut gerundet ohne zylindrisch zu sein, breit, lang und tief.

Untere Profillinie und Bauch

Bauch nicht sehr dick, in gutem Verhältnis zum Ganzen, mit seiner Umgebung gut verschmolzen; die Unterlinie soll langsam progressiv vom Sternum gegen die Leiste zu ansteigen.

Rute

Nicht kupiert, lang, bei ruhiger Stellung im Stand bis zum Sprunggelenk reichen; dick, in Form eines Krummsäbels, auf mittlerer Höhe angesetzt, gut behaart, bei der langhaarigen Varietät befedert, mit einem Haken an der Spitze. Unterhalb der horizontalen getragen, fällt sie natürlich zwischen den Schenkeln, wenn der Hund ruhig ist; wenn der Hund angeregt oder in Bewegung ist, wird sie höher als die Horizontale getragen, gegen oben gebogen, gegen vorne, seitlich oder nach unten gerichtet.

Kurzhaar
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Gliedmaßen

Vorder - und Hinterhand

Absolut senkrecht, wenn der Hund normal steht; Vorderarme und Unterschenkel sind in ihrem Querschnitt fast zylindrisch. Knochen gut entwickelt, gut bemuskelt und kräftig. Gelenke kräftig mit mittleren Winkelungen, was freie Gangarten ermöglicht. Sprunggelenk ein wenig tief angesetzt, mit mittlerer Winkelung und in korrekter Stellung unter dem geraden Unterschenkel.

Pfoten

Zur Größe des Hundes passend, gut gebaut, weder zu rund noch zu lang, von einer Zwischenform zwischen einer Katzen- und einer Hasenpfote, nie gespreizt. Zehen dick und eng aneinander liegend; Zwischenzehenräume und zwischen den Plantarballen reichlich behaart. Fußballen groß und hart. Krallen dunkel gefärbt, vorzugsweise schwarz, gut entwickelt. Die Hunde dürfen einfache oder doppelte Afterkrallen aufweisen.

Gangwerk

Bewegung normal, frei.

Haarkleid

Haar

Kräftig, leicht grob, aber ohne übertriebene Härte, ähnlich dem Ziegenhaar; glatt oder leicht gewellt, fast am ganzen Körper gut anliegend, sehr reichliche Behaarung sowohl bei der langhaarigen wie bei der kurzhaarigen Varietät. Normalerweise ist das Haar an verschiedenen Stellen des Körpers unterschiedlich lang: an den Gliedmassen, unterhalb des Ellenbogens und des Sprunggelenkes sowie am Kopf ist das Haar kürzer und dichter; an den Ohren wird das Haar vom Ansatz gegen die Spitze zu immer kürzer, zugleich feiner und weicher; es ist länger an der Rute, welche in der langhaarigen Varietät dicht und dick behaart und befedert ist; es ist auch rund um den Hals länger und ist unten an der Kehle buschig; besonders bei der langhaarigen Varietät sind die Oberschenkel sowie die Hinterseiten der Vordergliedmassen reich befedert.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Die Unterwolle besteht aus feinen, kurzen dichtstehenden Haaren, welche an der Basis mit den gröberen Haaren verflochten sind. Normalerweise ist die Unterwolle, welche besonders bei der langhaarigen Varietät vorkommt, heller gefärbt als das Deckhaar.

Farbe

Die einzig zulässigen Farben sind: falbfarben, wolfgrau und gelb, einfarbig oder mit weißen Abzeichen.

Größe

Widerristhöhe : Bei Rüden von 65 bis 72 cm, bei Hündinnen von 62 bis 68 cm.

Maße und Gewicht

Kopf

Länge des Schädels 13,5 bis 14,5 cm
Breite des Schädels 12,5 bis 14 cm
Länge des Fangs 12 bis 13 cm

Brust

Brustumfang 75 bis 80 cm, Breite der Brust 18 bis 20 cm, Tiefe der Brust 28 bis 29 cm

Oberlinie

Länge des Rumpfes 63 bis 65 cm, Breite des Rumpfes 12 bis 15 cm
 

Länge

Des Körpers 68 bis 73 cm, Der Rute 40 bis 45 cm.
 

Größe

Am Widerrist 62 bis 72 cm, Länge eines Vorderglieds 34 bis 37 cm, Höhe an der Kruppe 67 bis 69 cm.
 

Gewicht

Für Rüden 40 bis 50 kg, Für Hündinnen 30 bis 40 kg

Fehler

Jede Abweichung von den vorgenannten Punkten muss als Fehler angesehen werden, dessen Bewertung in genauem Verhältnis zum Grad der Abweichung stehen sollte.

Kopf: Zu schmal, zu lang oder spitz.
 
Nase: Sehr hell gefärbt, oder sichtlich gefleckt.

Gebiss: Vor- und Rückbiss.

Augen: Glasauge, Augen von unterschiedlicher Größe.

 
Ohren: Schlecht angesetzt, sehr groß, fleischig oder rund.
 
Rute: Kupiert, angeborene Stummelrute, Anourie (kongenital fehlende Rute).

Haarkleid: Albinismus; Haarbeschaffenheit nicht standardgemäß.

Übergewicht

Größe: Übergröße (Gigantismus) oder Untergröße (Nanismus); eine Toleranz von 4 cm ist zulässig.

Hunde, die deutlich physische Abnormalitäten oder Verhaltensstörungen aufweisen, müssen disqualifiziert werden.

N.B. : Rüden müssen zwei offensichtlich normal entwickelte Hoden aufweisen, die sich vollständig im Hodensack befinden.

Langhaar – Kurzhaar

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Der Cão da Serra da Estrela  wird in zwei Haarlängen gezüchtet, den langhaarigen und den kurzhaarigen Hunden. Angeblich stammen die langhaarigen Hunde aus dem Süden der Estrela, die Hunde mit kurzem Haar aus dem nördlichen Teil.

Der Begriff Lang - oder Kurzhaar führt in Deutschland sicher zu Verwirrungen, da in Deutschland der Begriff anders definiert wird. Daher eine Erklärung dieser Haarschläge.

Langhaar müsste eigentlich Langstockhaar heißen, denn im Gegensatz zum reinen Langhaar haben langstockhaarige Hirtenhunde eine ausgeprägte Unterwolle. Ohne diese wären die Hunde nicht überlebensfähig. Stockhaar bedeutet wiederum, die Hunde haben ein kurzes Fell, aber eben auch eine dichte Unterwolle.

Lange gab es im Land überwiegend kurzhaarige Hunde, seit einigen Jahrzehnten ist der langhaarige Hund gefragter und Stockhaar war fast ausgestorben. Um die Vielfalt der Rasse zu erhalten und weil das Kurzhaar genetisch keinesfalls unterdrückt ist - es kommen in langhaarigen Linien immer wieder kurzhaarige Welpen vor (umgekehrt z.B. in Deutschland deutscher Schäferhund) - werden seit einigen Jahren auch wieder kurzhaarige Hunde gezüchtet. Alles eine Sache der "Werbung" sagt Suzette Mota-Veiga und ist optimistisch, beide Schläge erhalten zu können. Damit aber nicht auf zu enger Basis gezüchtet wird, kreuzen die Kurzhaar - Züchter langhaarige Hunde ein.

 

Portugiesischer Hirte
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Allerdings bestand in den letzten Jahren eine größere Nachfrage nach den langhaarigen Hunden, denn sie werden  vom Publikum wegen ihres imposanten Aussehens bevorzugt und deshalb vermehrt gezüchtet. Daher ist der kurzhaarige Hund seltener geworden. Doch wird zur Zeit einiges unternommen, um den kurzhaarigen Typ zu fördern. 

Trotz dieser beiden Felllängen macht diese Rasse einen sehr einheitlichen Eindruck, denn auch in den Farben gibt es keine so gravierenden Unterschiede.

Die Präsidentin des portugiesischen Estrela Clubs, Suzette Preiswerk da Mota Veiga erklärt das so:

„ … Weil Asien z.B. so enorm groß ist, haben sich dort verschieden Schläge entwickelt. In Portugal ist dies nicht der Fall, da die Serra da Estrela sehr klein ist im Vergleich zu Zentralasien.

Trotzdem denke ich, dass auch bei den Hirten eine gewisse Inzucht bei den Hunden praktiziert wurde. Sehr oft behält ein Hirt ein Junges, das dann die Mutter und evtl. Schwester deckt. Nur starb früher alles, was nicht an die Umwelt angepasst war. Das hat dann auch zu der Spezialisierung der Rasse geführt.“

Heller Brustfleck
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Beide Schläge haben auffällig wenig weiße Abzeichen oder Flecken und es gibt keine weißen Hunde. Suzette Preiswerk da Mota Veiga meint dazu:

„ … Den Estrela gab es früher auch mit weißen Flecken, aber um die Rasse  einheitlicher zu gestalten, wurden dann im Laufe der Jahre das weiß vermieden.(gut oder schlecht sei dahingestellt). Doch weiß ist genetisch eine sehr dominante Farbe. Man kann weiß nie ganz wegzüchten. Deshalb haben die meisten Estrela - Hunde heute noch weiße Brustflecken. An den Pfoten ist es schon seltener. Es kommen zwar viele Welpen mit weißen Pfötchen zur Welt, aber dieses weiß verschwindet in den ersten Lebensmonaten..

Als Arbeitshunde unterscheiden sich die beiden Fellvarianten in Bezug auf Leistung nicht. Suzette Preiswerk da Mota Veiga  schrieb dazu:

„ … Ich habe mit einem Hirten gesprochen, er hat kurzhaarige Estrela - Arbeitshunde, er sagt, er könne sich nichts besseres wünschen, seine Hunde gehen sogar allein mit der Herde in die umliegenden Hügel. Das ist eine sehr gute Arbeitslinie.“

Suzette Preiswerk da Mota Veiga  wurde einmal gefragt, ob es Probleme mit der Felllänge in Bezug auf die Gesundheit und die Arbeitsfähigkeit des Estrela gibt. Bei anderen Hirtenhunden durchaus der Fall. Ihre Antwort:

„ … Ich konnte schon beobachten, dass arbeitende Hirtenhunde mit langem Fell eigentlich gar keine Fellprobleme haben. Frei lebende Hunde kämmen sich selbst indem sie sich an einen Zaun reiben, oder an einer Mauer. Der Hirt kämmt natürlich nie. Ob sie die Hunde mit den Schafen scheren, konnte ich nicht feststellen, es könnte in einigen Fällen schon  möglich sein. Natürlich haben sie schon einige Zotteln hinter den Ohren und um die Beine, aber nicht, dass es die Hunde stört.“

Kurzhaar – Hündin Tansinha mit Stachelhalsband
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

In Deutschland wurden kurzhaarige Estrela als Hirtenhunde eingesetzt, bzw. es fiel ein Wurf. Warum ausgerechnet Kurzhaar, erklärten die Verantwortlichen so:

„ … Sehr oft wurden wir gefragt, warum es der kurzhaarige Estrela sein sollte. Das ist ganz einfach. Nach Erfahrungen mit Kaukasen und Kuvasz, welche sich in unserem Hütegelände frei bewegen konnten , zogen wir in erster Linie einen Hund vor, bei dem sich die Kletten besser entfernen lassen. Übrigens haben sie auch die teuren Hütten nie betreten. Sie liegen lieber draußen, wie es sich für einen Hirtenhund gehört. Glaub ich.“

Nachdem ich in Dortmund auf einer Ausstellung einige kurzhaarige Hunde kennen lernte, bin ich unterdessen ein „Fan“ dieses Schlages. Und wünschen würde ich mir, dass es anderen auch so geht, denn es wäre schade, wenn diese Hunde immer weniger würden.

Farben

 Wie schon bei der Felllänge erwähnt, diese Rasse ist relativ einheitlich und so gibt es auch bei den Farben nicht so viele Unterschiede. In der Regel hat man es mit den Farben braun-rot, grau-braun, gestromt, gelb und wolfsgrau zu tun.

Tukafrente
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Weiße Abzeichen sind erlaubt, eine dunkle Gesichtsmaske ist erwünscht. Hirten maßen der Farbgebung keine Bedeutung bei, laut Standard werden aber nur noch die oben erwähnten Farben anerkannt. Meist weist das Fell schwarze Schattierungen auf, auch die schwarze Gesichtsmaske ist sehr häufig.

Ausnahmen bestätigen die Regel und daher sieht man gelegentlich sogar sehr helle Hunde, einem Kangal ähnlich und kurzhaarig.

Noch mal der helle Rüde
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Charakter

Suzette Preiswerk da Mota Veiga schrieb einmal, warum sie diese Rasse seit Jahrzehnten züchtet:

„ … Der unabhängige Charakter und die Intelligenz dieser Hunde wirken auf den Betrachter faszinierend. Damals hatte ich noch andere Hunde und als diese vor Alter starben, war mir klar, dass die nächsten Hunde Estrela sein werden. Das war in den 80iger Jahren und damals gab es ein paar Züchter (viel weniger als heute) , die ich oft besuchte, um mich mit der Rasse auseinander zu setzten.“

Geht es um den Charakter dieser Rasse, komme ich noch mal auf den Anfang dieses Portraits zurück, denn der Charakter des Estrela wird in der Regel so beschrieben, dass er im Vergleich zu anderen Hirtenhunderassen etwas weicher ist.

Estrela - Hündin Sambah
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Obwohl ich es überhaupt nicht gut finde, wenn sich die Besitzer der verschiedenen Rassen darüber streiten, wer nun die „gefährlichsten Hunde“ hat, bin ich bereit zu bestätigen, dass ein Estrela tatsächlich umgänglicher ist, als andere Rassen. Dies liegt an der Umwelt der Hunde und das habe ich schon teilweise beschreiben.

Die Züchterin Suzette Preiswerk da Mota Veiga beschreibt es so, wenn es um den Charakter dieser Hunde geht:

„ … Wie die meisten Hirtenhunde ist der Estrela ein robuster und genügsamer Hund, ruhig in seiner Art, aber wachsam …

Diese Verteidigung erfolgt durch imposantes Bellen, aber es ist kein Hund, der unbesonnen Menschen angreift. Man kann sogar bei den meisten Estrela - Hirtenhunden eine regelrechte Beißhemmung den Menschen gegenüber feststellen. Dies hat vielleicht damit zu tun, dass in der Serra da Estrela viele Touristen sind.

In den meisten Fällen lassen sich Estrela sogar bereitwillig streicheln. Es muss gesagt werden, dass die Hirten, lieber etwas misstrauische Hunde bevorzugen und es ist möglich dass in früheren Zeiten die Hunde etwas “schärfer” waren, wie die alten Leute aus der Serra Estrela berichten.

Hat die Rasse vielleicht ganz einfach eine Wandlung durchgemacht?

Was ist Hund, was Schaf?
Foto: Mario Jessat

Denn einen Hund, der Menschen beißt, behält ein Hirte nicht; zu groß sind die Scherereien, die daraus entstehen könnten. Da das Gebirge der Serra da Estrela oft von Touristen besucht wird, hat sich möglicherweise eine solche Anpassung des Estrela ergeben. Auch achten heutzutage die meisten Züchter bei der Auswahl der Zuchthunde auf den Charakter.

Er unterordnet sich gut, doch lässt er sich nicht wie ein Deutscher Schäferhund erziehen. Zuviel Drill verträgt er nicht und würde sich gelangweilt davon abwenden. Erziehung mit Gewalt ist ebenfalls ganz abzulehnen. Die besten Erfolge erzielt man mit positiver Verstärkung im richtigen Moment. Nicht erwünschtes Benehmen soll man ignorieren oder sich vom Hund abwenden. Als sehr intelligenter Hund merkt der Estrela bald, was man von ihm erwartet.

Man muss erwähnen, dass Rüden oft etwas eigenwilliger sind und ein größeres territoriales Benehmen zeigen. Zu anderen erwachsenen Rüden sind sie oft nicht tolerant und wollen zeigen, dass sie die Stärkeren sind. Deshalb ist es sehr wichtig, dass man einen jungen Hund gut sozialisiert und mit vielen anderen Rassen bekannt macht, damit sie daraus positive Erfahrungen sammeln …

Foto: Mario Jessat

Die Haltung in Gemeinschaft mit anderen Rüden kann gut gehen, wenn sich die anderen Rüden unterordnen, denn der Estrela - Rüde will oft die Nummer eins sein. Kleineren Hunden gegenüber benimmt er sich gerne beschützend, auch wenn es Rüden sind.

Die Weibchen sind in dieser Beziehung einfacher und gut sozialisiert sind sie auch erwachsen mit anderen Hunden meistens gut verträglich. Sei es nun ein Rüde oder sei es ein Weibchen, der unabhängige Charakter manifestiert sich meistens eindeutig und man kann nicht immer auf einen einwandfreien Gehorsam zählen …

Seine Intelligenz, seine Beobachtungsgabe, sein selbstständiges Bewachen und sein ergebenes Verhalten seinem Meister gegenüber mit seinem treuherzigen Blick, haben ihn weltweit viele Sympathien eingebracht. Wichtig ist eine konsequente Führung, eine gute Sozialisierung und einiges an Hundeverständnis.“

Foto: Lisa Bergheim
http://nessaaltura.blogspot.com/

Was sie mit dieser Beschreibung meint, vertieft und erklärt eine Erzählung von ihr:

„ … Als ich von einer Hundeausstellung südlich von Lissabon wieder nach Hause in die Serra da Estrela fuhr, mit meinem damals noch jungen Rüden Everest (8 Monate alt) und meine Hündin Quica, leuchtete im Auto ein Warnlicht auf…

Als der Pannendienst kam und mein Auto auf die Laderampe fahren wollte, wurde der junge Everest so wütend, dass ein Fremder meinen Platz einnimmt und das Auto bedient, so dass der Mann trotz des Gitters, das die Hunde trennt, Angst bekam. Ich musste mich neben Everest setzen und er beruhigte sich sofort. Bei der nächsten Ortschaft angekommen kletterten die Hunde vom hochgelegenen Auto vom Abschleppanhänger ganz natürlich herunter und ich bestand darauf, dass für die Weiterfahrt nach Hause per Taxi, die Hunde im Taxi mitgenommen werden, was in Portugal nicht immer ganz selbstverständlich ist. Doch fand sich auf Anhieb ein Taxifahrer, der gegen die Hunde als Mitfahrer nichts einwendete. Die Hunde saßen brav auf dem ledernen Hintersitz des Taxi und benahmen sich vorbildlich ruhig.

Rüde Everest
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Ich war sehr stolz auf die Reaktion von Everest beim Verteidigen meines Autos, (die Hündin bellte auch, aber es war Everest, der den Ton angab). Es zeigte mir, dass er mich in einer heiklen Situation beschützen würde, ganz von sich aus, ohne dafür dressiert worden zu sein.

Ganz allgemein ist von einer Ausbildung als Schutzhund bei Hirtenhunden ganz abzuraten. Doch Everest ist deswegen überhaupt nicht aggressiv zu fremden Leuten und auch keine Spur von Misstrauen, wie man dies den Hirtenhunden nachsagt. Er schmiegt sich gerne an die Leute, die zu Besuch kommen, oder die man antrifft und gibt auch spontan die Pfote, ohne dass ich ihm dies beigebracht habe. Alle Leute finden ihn toll und liebenswürdig. Ich bin überzeugt, dass der Charakter auch vererbt wird, denn auch sein Großvater Bolero reagiert ganz ähnlich.

Manchmal kommen Leute meine Hunde zu sehen und werden nach anfänglichem Gebell, um zu melden, dass jemand kommt, von den Hunden äußerst freundlich empfangen. Die Leute fragen mich manchmal, ob es wirklich gute Wachhunde sind?

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Ich antworte dann immer, kommen sie einmal wenn es dunkel ist oder wenn ich nicht da bin. Ich zweifle nicht daran, dass Hunde sehr schnell lernen zu beobachten, was für Leute kommen. Sie merken sich, wie sich Besucher benehmen und würden sehr schnell herausfinden, wenn jemand mit schlechten Absichten kommt. Das ist für mich beruhigend, denn ich lebe allein und ohne unmittelbare Nachbarn. Es wäre ein Leichtes einzubrechen. Ich lasse den Schlüssel auch immer an der Tür stecken, selbst wenn ich nicht da bin, denn mit meinen Hunden bin ich total beruhigt.“

Auch beim Estrela gilt, er hat angeblich das berühmte Gedächtnis eines Elefanten, er vergisst also niemals, was er gelernt oder am eigenen Leib gespürt hat. Im Gegensatz zu anderen Hirtenhunden gilt er in Portugal als sehr anpassungsfähig an veränderte Lebensbedingungen und das sei auch charakterlich bedingt.

So erfreut er sich wachsender Beliebtheit als Familienhund in  Häusern, auch in den Städten. Halter eines Estrela schwören auch auf sein Kinderfreundlichkeit. Man spricht von einem regelrechten „Kinderkumpel“. Das kenne ich auch von anderen Rassen und hier ist immer etwas Vorsicht angesagt, denn der „Kinderkumpel“ beschützt seine Kinder auch und daher muss er lernen, wie und wann er das nicht sollte.

Obwohl auch er als ziemlich stur gilt, setzen ihn die Polizei, die Bergwacht und die Marine als Diensthund ein, mit guten Erfolgen. Man darf eben nur nicht erwarten, dass er ähnlich einem deutschen Schäferhund alles an Kommandos sofort ausführt.

Neugier ist auch bei dieser Rasse eine Besonderheit und daher wurde er mit Erfolg als Suchhund für Vermisste eingesetzt. Auch hier gilt, derartige Talente sind genetisch bestimmt und bedürfen keiner großen Ausbildung, sondern lediglich Übung.

Eigensinnig und daher eben auch mal alleine auf einem Spaziergang
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

In einer Beschreibung dieser Rasse las ich die folgenden Sätze und sie haben mir sehr gut gefallen:

„ ..Der Blick aus den dunklen, leicht ovalen Augen ist klug und heiter Er ist ein charaktervoller, energischer und zuverlässiger Arbeiter, welcher Fremden misstrauisch begegnet und der, wenn seiner Einschätzung nach nötig, durchaus auch zubeißen kann.“

Das mit dem Zubeißen ist als letzte „Notstrategie“ gedacht, denn auch der Estrela hat eine extrem hohe Reizschwelle, im Gegensatz übrigens zu den meisten „Gebrauchshunderassen“. Er ist also nicht ein Hund, der schnell angreift, sondern seine imposante Statur und sein tiefes Bellen genügen als Abschreckung.

Auch genetisch bestimmt ist natürlich ihre Arbeit an den Herden. Ein Halter beschreibt das so:

„ ... Sie waren als Junghunde natürlich neugierig und aufgeweckt. Und einfach sturer  als Schafe. Eigentlich hatte es doch gut geklappt bisher. Die Junghunde spielten nicht mit den Lämmern, waren an das alleine sein gewöhnt und gingen den Angriffen der "wilden" Mutterschafe locker aus dem Weg...

Foto: Mario Jessat

Schön war natürlich, dass die Wacheigenschaften der Hunde von den ersten Tagen an nach Eingewöhnung bei uns vorhanden waren. Sie sind von Natur aus reserviert zu Fremden, betteln bei  Besuchern nicht um Streicheleinheiten und wurden  immer sicherer und sehr dominant. In den 3 Jahren an der Herde kam es aber nicht zu einem Beißunfall mit Menschen, was in erster Linie an den Hunden lag...

Ich wollte zum Beispiel die Schafe als einzigen Bezug für meine Estrela machen. Das ist, denke ich, misslungen. Unsere Hunde bleiben zwar nachts an der Herde in der Koppel und wachen hervorragend...

Besonders positiv ist, das sie langsam damit beginnen, festliegende Schafe (in der Lammzeit oder krank) vor den Angriffen der Krähen zu verteidigen. Leider betrachten sie das aber noch als Hobby, als lustigen Zeitvertrieb. Wir versuchen nun, dieses Verhalten zu bestärken. Was nicht leicht ist, leider fliegen die Krähen weg, wenn wir kommen. Aber wir haben Erfolge. Gut hat sich das füttern der Hunde neben dem Zaun, also knapp neben ihrer Koppel erwiesen. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir die Hunde separat, also ohne Schafe. Die Krähen sind frech und holten sich das restliche Futter und die Hunde kamen nicht ran. So hat sich ein gewisser Futterneid gegenüber den Krähen aufgebaut. Als sich später ein Schaf im Zaun verfing, lag Strella davor und ließ keine Krähe an das Tier.“

Sehr oft wird die Meinung vertreten, Arbeitshunde und sozusagen „Haushunde“ schließen sich aus und deshalb solle man keine Hunde aus Arbeitslinien kaufen, zu gefährlich und diese Hunde sind nicht anpassungsfähig. Auch das sieht man beim Estrela anders.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Mit einem Beispiel des umgekehrten Ablaufes zeigt das Suzette Preiswerk da Mota Veiga auf:

„ ... Einmal hatte ich eine junge Hündin für mich behalten. Aber beim Heranwachsen wurde sie sehr misstrauisch, bellte unfreundlich die Besucher an und wollte sie gar beißen. Ich war verzweifelt, denn die Leute besuchen meine Hunde und mögen, dass die Hunde sich freundlich benehmen. (Die Hunde wissen genau, wer die üblichen Besucher sind und ob jemand andere Absichten hat.)

Da beschloss ich die Hündin, sie heißt Gentiana, einem Hirten zu geben, der die Hunde einigermaßen gut hält und regelmäßig füttert (aber längst nicht wie wir es tun).Schweren Herzens übergab ich die Hündin. Die Anpassung war nicht einfach. Zweimal ging die Gentiana verloren. Ich suchte sie in den ganzen Bergen und fragte alle Touristen, voller Sorge. Aber  nach ein paar Tagen ging sie zum Hirten zurück.

Heute ist sie total als Hirtenhund integriert und der Hirt ist sehr zufrieden. Sie verlässt die Herde nie. Einmal begegnete sie mir, als die Herde den Weg hinter meinem Haus benutzte. Die Gentiana kam auf mich zu um mich zu begrüßen, ich war voller Sorge, dass sie nun bei mir bleiben wollte und dachte schon nach, was ich dem Hirt offerieren sollte, um die Gentiana wieder zu behalten. Aber kaum war die Herde wieder weiter, rannte die Gentiana der Herde nach, die Herde war wichtiger geworden als ich. Das zeigt, dass bei sogenannten Familienhunde die Gene immer noch vorhanden sind, die einen guten Arbeitshund machen. Besonders gut funktioniert dies, wenn die Welpen sich früh in die Herde integrieren.“

Im Jahre 2003 lernte ich Suzette bei der Weltsiegerausstellung in Dortmund kennen. Aber nicht nur sie, sondern auch zwei Hündinnen, die sie ausstellte. Eine davon war kurzhaarig und in die habe ich mich „richtig verliebt“.

Die hat sich so benommen, als sei sie in der Westfalenhalle geboren. Aber Suzette hatte sie erst seit ganz kurzer Zeit von einem Hirten bekommen. Woher sie diese Selbstsicherheit hatte, war mir „schleierhaft“ und Suzette beschrieb ihr Verhalten so:

„ ... Ich kenne einen Hirten, der wollte seine kurzhaarige Estrela - Hündin (Name: Tansinha) loswerden. Grund: Sie ist zu nett, lässt sich von den Touristen anfassen, einmal wurde ihr sogar dieses (unbequeme) breite Stachelhalsband gestohlen (vielleicht aus Mitleid oder um das Stachelhalsband als Souvenir zu haben). Ich hatte diese Hündin schon öfters gesehen und sie ist sehr liebenswürdig. Ich klärte die Situation schnell ab und konnte sie in das Gehege bringen, das der Gemeinde gehört und wo man eben mit dem Naturschutzpark etc. kurzhaarige Estrela halten will, um diese seltenere Variante "zu retten" weil es nicht viele gibt. (Der Langhaarige Estrela ist eben imposanter und mehr gefragt.) Niemand wusste genau das Alter der Tansinha, aber ich konnte für sie einen „Angangs - Stammbaum“ bekommen … Dann habe ich Tansinha für die Welthundeausstellung in Dortmund eingeschrieben (zusammen mit einer anderen Junghündin von mir).

Tansinha
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Die Tansinha hat ihr Leben als Hirtenhund verbracht, war immer draußen, schlief bei der Herde oder draußen, hatte ihre Jungen irgendwo in einem Gebüsch oder eventuell in einer Stallecke. War nie an der Leine, war sehr selbstständig. Und nun nahm ich sie mit auf einer langen Reise in eine vollkommen andere Welt. Ich habe sie nur kurz an die Leine gewöhnt und gezeigt, wie man ins Auto steigt und an die andere Junghündin gewöhnt. Es ging alles wunderbar. Tansinha benahm sich fantastisch gut. Ich konnte nur staunen und nochmals staunen! Sie schief bei mir im Hotelzimmer (war zuvor noch nie in einem Haus), fand alles sehr interessant, erschreckte vor nichts.

Auf der Rückfahrt fuhr ich über Basel, meine Brüder zu besuchen. Dort konnte ich die Hunde endlich  frei lassen, der große Garten war geschlossen, es war der gemütliche Teil der Reise. Tansinha benahm sich wie eine große Dame.

Doch am Ende des Nachmittag war sie plötzlich verschwunden (die andere auch, ging immer hinter ihr her). Ich merkte es nicht einmal sofort. Erst als die Tür klingelte und aufgeregte Nachbarn fragten, ob diese zwei großen Hunde von hier sind, die sind doch gefährlich, so große Hunde etc. ohne Begleitung ..) Die Tansinha hatte eben ein Loch gefunden, wo sie aus dem Garten konnte (niemand kannte das Loch) und hat die Umgebung ausgekundschaftet, für sie eine normale Sache.“

nach außen gedrehtes Stachelhalsband
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Und damit kann man wohl das Kapitel Charakter abschließen und höchstens noch schreiben, auch der Estrela ist ein Hirtenhund, auf den die „vernünftigen Beschreibungen“ passen. Und daher ist auch er ein sehr guter Begleiter für Menschen, die eine Familie aber keine Schafe haben.

Erziehung

Ein Estrela – Halter schrieb, er habe seinem Rüden lange Zeit nur ein Kommando beigebracht, nämlich zu kommen und das habe genügt. Hund und Halter sind zwar sehr genügsam, aber man sieht, vieles ist überflüssig, was man in den Hundeschulen lernen soll.

Natürlich muss in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland eine gewisse Erziehung schon sein. Aber jeder Halter sollte sich fragen, was in seinem Fall nötig ist und was eben nicht. Das ist immer verschieden, denn wir alle leben in einer anderen Umwelt.

Wie bei allen Hunderassen ist eine Sozialisation wichtig, das heißt, jeder Hund muss sich anpassen können und die Halter haben andererseits die Aufgabe, jedem Hund eine größtmögliche Freiheit zu lassen. Also müssen Kompromisse gemacht werden.

„Superrüde“ Bolero
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Unsere Hunde beherrschen daher so einigermaßen, zu kommen, wenn man sie ruft, sie laufen ganz manierlich an der Leine, gehen in keine Kinderspielplätze oder Koppeln und – obwohl es wenigstens Gane schwer fällt – sie springen keine Menschen an. Das ist doch schon mal was.

Wenn, wie in Portugal praktiziert, diese Rasse auch als Haushund gehalten wird, muss dieser natürlich auch da einiges lernen, Zahnstocher sind im Supermarkt recht billig und daher müssen keine Möbel zu solchen verarbeitet werden. Polstermöbel können sehr weich und kuschelig sein, aber auch ein Estrela muss nicht das Innenleben untersuchen. Auch Kleidungsstücke sind tabu, also alles Dinge, die ein Hund, der im Freien lebt, nicht unbedingt lernen muss. Oder lässt ein Hundehalter seine Hausschuhe im Freien stehen?

Hundeschulen braucht es auch nicht, denn vor Ort gelernt ist besser und so perfekt wie das die Hunde aus diesen Kursen können, muss kein Hirtenhund reagieren.

Schutzdienst ist absolut zu unterlassen, auch der Estrela hat einen sehr ausgeprägten und natürlichen, defensiven „Schutztrieb“ und der sollten nicht noch gefördert werden.

Estrela Hündin
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Die Erziehung dieser Rasse wird dann relativ einfach, wenn die Hunde Vertrauen zu ihren Menschen haben. Das muss zuerst aufgebaut werden, wenn ein Hund in die Familie kommt, dann erst kann man einzelne Anweisungen üben.

Als Familienhunde sind Estrelas sehr gut geeignet, im Umgang mit Kindern aber müssen sie lernen, nicht den starken „Maxe“ zu zeigen, sondern diese je nach Alter etwas vorsichtiger zu behandeln, als Artgenossen. Das heißt also: Alle Spiel, die mit der Kraft der Hunde zusammenhängen, müssen während der Erziehung und in möglichst frühem Alter geübt werden, siehe Kinder.

Im Grunde genommen muss man den Charakter der Hunde beachten und die Arbeitsweise in ihrem Ursprungsland, diese Rasse ist daher als Sportgerät oder Befehlsempfänger völlig ungeeignet und man muss ihre Eigenwilligkeit tolerieren.

Gibt es in der Umwelt oder Umgebung andere Hunde, muss natürlich auch der Umgang mit Artgenossen geübt werden. Ein Estrela hat da kaum Probleme. Er sagt seinen Artgenossen, wer der Chef ist, nämlich er, die akzeptieren und schon ist die Welt in Ordnung.

Dann kann man auch das tun, was für die Hunde am besten ist, sobald man außerhalb bewohnten Geländes ist, sie frei laufen lassen, ständig an der Leine laufen und sich dem Tempo seiner Menschen anzupassen, ist nicht gerade das gesündeste und natürlich auch noch langweilig.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Sicher wichtig bei der Erziehung ist, dass diese bereits beim Züchter beginnt. Denn Welpen sind erziehbar, wenn sie das Licht der Welt erblicken. Das ist so gemeint, dass bereits der Kontakt mit dem Menschen, bzw. seiner Haut ein erster Schritt ist.

Hat ein Züchter mehrere Hunde mit unterschiedlichem Alter, sollten die Welpen Kontakt mit diesen bekommen. Was „Hänschen“ lernt, kann Hans eben schon.

Langeweile ist nichts für Hirtenhunde und daher kann man ja da aufbauen, wo z.B. Ausbilder von Rettungshunden schon Erfahrungen gemacht haben. Sicher ist eine solche Ausbildung sehr aufwendig und nicht für jeden Hundebesitzer geeignet, daher wäre eine Nummer kleiner die „Fährtenarbeit“ zu empfehlen.

Aufgrund der schlechten Erfahrungen vieler Hirtenhundebesitzer rate ich vom Besuch einer Hundeschule ab. Und als genereller Rat ist sicher wichtig, die Würde und die Eigenarten von Hirtenhunden zu berücksichtigen, wenn es um die Erziehung geht. Sie sind eben, wie schon geschrieben,  keine reinen Befehlsempfänger und keine „Sportgeräte“.

Sozialisierung bei Suzette, vom Feinsten
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Sicher ist es wichtig, seinen Hund auf die möglichen Alltagssituationen vorzubereiten, dazu gehört natürlich auch der Tierarzt. Warum das so ist, kann ich nicht erklären, aber viele Hunde haben Angst, wenn sie in eine Praxis kommen. Daher mal dort hin gehen, obwohl nichts behandelt werden muss und gibt der Tierarzt ein paar Leckerli und einige Streicheleinheiten, gibt es wahrscheinlich keine Probleme mehr. Unsere Hunde gehen da rein, wie in andere Räume auch und sie mögen unsere beiden Tierärzte.

Sollte jemand später mit seinem Hund Ausstellungen besuchen wollen, ist es im Interesse der Hunde wichtig, auch mal die Prozeduren zu üben, die dort notwendig sind. Denn zeigt ein Hund große Unsicherheiten, wirkt sich das unter Umständen auf die Bewertung aus, wird er gar aggressiv, kann er in der Regel samt Besitzer den Ring verlassen.

Haltung

Eines der Gehege hinter dem Haus
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Wie schon geschrieben, in Portugal werden Estrela auch im Haus gehalten. Nicht nur in Dörfern, sondern durchaus auch in kleineren Städten. Die Erfahrungen damit seien gut, wurde mir versichert. Von der „Landpomeranze“ zum Stadtbewohner, es ist vorstellbar, denn Hirtenhunde werden sicher auch mit dieser „Herausforderung“ fertig.

Ob diese Haltung aber nicht zu Problemen führt, da ich sie mir etwas Langweilig für einen Hund dieser Rasse vorstelle, kann ich nicht beantworten, da ich so eine Haltung noch nicht erlebt habe.

Daher schreibe ich, auch der Estrela ist auf dem Lande besser aufgehoben, als in Städten und eine reine Wohnungshaltung ist nicht empfehlenswert. Vor allem dann nicht, wenn es sich um Häuser handelt mit Treppenhaus und vielen Stufen.

Auch der Estrela ist kein „Territorialwächter“. Er beschützt nur etwas, zu dem er ein Verhältnis hat, also z. B. „ seine Tiere“, oder Menschen, aber auch, wie von   Suzette Preiswerk da Mota Veiga schon beschrieben, ein Auto. Voraussetzung, es gehört jemanden, der ihm wichtig ist. Das muss man bei der Haltung und Erziehung berücksichtigen, der Hund muss es also lernen.

Lang – und Kurzhaar
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Auch wenn diese Rasse auf einem großen Grundstück gehalten wir, ein Estrela muss laufen können, das liegt in seinen Genen. Also sind Spaziergänge angesagt, deren Verlauf der Hund bestimmen sollte. Das heißt, Leine ab und zur Not auch mal geduldig warten, wenn er nicht gleich kommt. Spazieren gehen ist für alle Hirtenhunde wie Zeitung lesen und dafür brauche ich z. B. meine Ruhe. Daraus ergibt sich, joggen, Fahrrad fahren kann man gelegentlich, aber es sollte nicht die Regel sein. Und wie leider so oft empfohlen, zügiges Tempo, dem sich der Hund anpassen muss, ist auch nicht der Hit. Unsere Hunde entscheiden in der Regel selber, wie lange so ein „Trip“ dauert.

Soll sich ein Estrela auf dem Grundstück frei bewegen können, muss dieses sicher eingezäunt sein, er sollte eine wetterfeste Hütte haben und zur Not müssen die Besitzer die Idee von schönen und gepflegten Blumenrabatten etwas einschränken. So mancher Garten sieht dann eben wie ein Abenteuerspielplatz aus, den Hund stört das nicht, im Gegenteil.

Zum Gedenken an Enrico
Foto: Hartmut Deckert

Auch ein Estrela ist nicht nachtaktiv, aber er kann lernen, nachts sehr wachsam zu sein, dann muss er unter Umständen ins Haus, denn nicht alle Nachbarn sind so tolerant, wie unsere.

In einigen Portraits habe ich geschrieben, dass die Haltung im Freien besser für das Fell ist. Das denke ich auch beim Estrela, denn viele Hirtenhunde haben kein Fell, sondern Haare und diese Hunde leben fast ausschließlich im Haus. Gesünder ist auf jeden Fall ein dichtes und mit viel Unterwolle versehenes Fell.

Zu der Haltung im Freien schreibt  Suzette Preiswerk da Mota Veiga:

... „Ich bin sicher, dass ein Hund draußen auf einem großen Grundstück glücklicher ist, als im meist zu warmen Haus. Diese Tierschutzvereine verstehen nicht gerade viel von der Sache. Dass die meisten Leute arbeiten müssen, ist eine Tatsache, aber die Hunde gewöhnen sich durchaus an die Umstände wo sie wohnen.“

Enrico mit Kaukasenhündin Jenna
Foto: Hartmut Deckert

Und noch etwas spricht für die „Freilandhaltung, schreibt sie:

„ ... Stimmt, für die Fellentwicklung ist Freilandaufenthalt viel besser, auch für die Gelenke. Es gibt nichts Schlimmeres für die Gelenke, als ständig auf einem glatten Boden zu gehen und wenn möglich noch öfters auszurutschen. In Portugal halten die meisten Portugiesen ihre großen Hunde nicht im Haus, oft wird gesagt "der arme Hund, der in einer Wohnung lebt". Das ist natürlich auch eine Mentalitätssache. In Mitteleuropa, sagt man das Gegenteil "die armen Hunde, die immer draußen sind". Wie gesagt, der Besitzer soll die Situation den Bedürfnissen des Hundes anpassen. Wenn ein Hund im Haus lebt, muss er als Ausgleich viel und lange spazieren gehen. Man muss Antirutschmaterial auf den Boden verlegen, wegen dem Ausrutschen und man braucht einen speziell guten Staubsauger. Im großen Garten ist der Hund bestimmt auch glücklich und der Besitzer auch, solange keine Nachbarn stören, dann muss man eben den Hund rein nehmen.“

Um einen Estrela so zu halten, dass es für alle Beteiligten nahezu ideal wird, gäbe es sicher noch eine Reihe guter und weniger guter Ratschläge. Aber dieser ist sicher der wichtigste. Man muss seine Haltung an die gegebene Umwelt anpassen. Also mit den Nachbarn sprechen, die Verkehrsverhältnisse beachten, wenn man ohne Leine laufen will und mal bei der Gemeinde nachfragen, was in der örtlichen Polizeiverordnung über Hundehaltung steht.

Anschließend keine schlauen Bücher, sondern das eigene Gehirn benützen und dann müsste eine geeignete Lösung gefunden werden.

Beirao und der sieht sehr gesund aus
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Pflege

Bei einem Estrela ist die Pflege auch kein besonders großer Akt. Die Hunde haben ein sehr gesundes Fell mit einem hohen Fettgehalt, sind also praktisch selbstreinigend und verfilzen nicht. Das Haar ist nicht zu schwer und die Behänge am Ohr ebenfalls nicht. Eine Durchlüftung findet also ausreichend ab.

Noch einfacher ist die Fellpflege beim kurzhaarigen Estrela. Da kann man von „Glatzenträgern“ etwas lernen. Nämlich, man nehme ein feuchtes Tuch und das war es dann.

Auch für die portugiesischen Hirten gilt, man macht um die Pflege eines Arbeitshundes kein Theater, der hilft sich in der Regel selbst, indem ausfallendes Haar hängen bleibt, oder abfällt, oder zur Not kann man mal eine Schafschermaschine nehmen. Lediglich bei einer Haus – oder Mischhaltung ist es vielleicht an und ab mal nötig, eine Bürste zu nehmen. Das gefällt manchen Hunden sogar. Mein Rüde allerdings hat immer etwas wichtiges zu tun, wenn ich eine Bürste in die Hand nehme.

Ohren, Zähne und Krallen sollten kontrolliert werden.

Für die Ohren gelegentlich ein Q-Tip und das genügt. Die Zähne sollten auf Zahnstein untersucht werden und auch mal nachgeschaut werden, ob sich in den Kieferbögen etwas „verkantet“ hat, das kann nämlich böse Entzündungen geben. Krallen auf Länge überprüfen, denn gerade bei Hunden, die viel oder hauptsächlich auf weichem Untergrund laufen, nutzen die Krallen zu wenig ab.

Baden ist Mist wegen der Chemie in diesen Mitteln, die nämlich zerstören die natürliche Fettschicht des Haares. Gebadet wird höchstens mal im Fluss, einem Bach, oder einem „wunderschönen Wasserloch“.

Ab dem Frühjahr ist es ratsam, die Haut nach Zecken abzusuchen und die werden mit den Fingern „rausgedreht“.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Augenpflege ist nicht besonders aufwendig, da der Estrela kleine und gut „eingebettete“ Augen hat. Gelegentlich mal mit dem Finger oder einem Papiertuch um die Augen gewischt, reicht aus.

Aber zur Pflege gehört der gelegentliche Besuche beim Tierarzt, denn Impfungen in bestimmten Abständen sind überall in Deutschland vorgeschrieben.

Diese allgemeine Pflegeleichtigkeit beruht sehr stark auch auf dem hohen Fettgehalt des Estrela. Würde man also das Fell in seiner Länge und Beschaffenheit in der Zucht verändern, wäre es mit „pflegeleicht“ vorbei.

Ernährung

Die Hirten in Portugal waren arm und auch heute sammeln sie keine Reichtümer, also leben auch ihre Tiere entsprechend. Dank der Vegetation sind Schafe und Ziegen wohlgenährt, die Hunde als Minimalisten leben etwas bescheidener.

Suzette Preiswerk da Mota Veiga hat mal darauf hingewiesen, dass ihre Hunde im Vergleich zu den Arbeitshunden der Hirten eine Leben wie im „Schlaraffenland“ führen. Aber trotz dieser eher bescheidenen Lebensweise sind die Hunde gute Arbeiter und sie werden entsprechend alt. Bestimmt aber älter, als so mancher „Wohlstandshund“.

Auf die Frage, wie werden denn bei den Hirten die Hunde ernährt, antwortete Suzette Preiswerk da Mota Veiga:

„ ... Auch in Portugal bekommen die Estrela - Hunde von den Hirten praktisch nie Fleisch, oder sehr wenig, mehr Schafsmilch und Reste. Der Kontakt ist nicht sehr intensiv mit dem Hirten. Der Hirt kümmert sich praktisch nicht um die Hunde, die sind einfach da, er wirft das Fressen in einen Trog und die Hunde müssen selber auskommen. Früher (oder noch heute, wenn sie unterwegs sind) machten die Hirten mit dem Absatz ein Loch in der Erde und warfen die restliche Schafsmilch in dieses Erdloch, wo sich mit der Zeit eine Fettschicht bildete und so die Milch nicht versickerte. Man kann sich vorstellen, dass die Hirtenhunde nicht gerade satt wurden. Heute sind die Hirten hier nicht mehr so arm, denn der Käse hat einen guten Preis, (er ist auch sehr gut), aber früher schon. Mit dem besseren Wohlstand profitieren auch die Hunde, es hat mehr zu fressen.“

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Zu recht beklagen daher einige Züchter vor allem in Osteuropa, ihre Hunde lebten im Westen zwar wie die Maden im Speck, aber dafür auch entsprechend kürzer.

Hiesige Futterhersteller bieten für jeden und jedes Alter das nach ihrer Meinung beste Futter an. Das beste ist es schon, nämlich am besten für deren Geldbeutel, wenigstens in Bezug auf Hirtenhunde.

Also sollte der Proteingehalt eines Fertigfutters so gering wie möglich sein. Und wenn man sich erinnert an den Ursprung, kann man das Futter „aufpeppen“ mit Milchprodukten, z. B. Joghurt oder Quark.

Genauso verhält es sich mit dem Einweiß, der geringste Anteil ist für Hirtenhunde der beste und vielleicht beugt er so mancher Allergie vor. Und auch die angegebenen Mengen sind viel zu hoch. Wie viel ein Hund wirklich braucht, hängt auch von seinem alltäglichen Leben ab, also hilft nur ausprobieren weiter.

Foto: Mario Jessat

Welpen sollen dreimal am Tage gefüttert werden, das erleichtert die Verdauung. So etwa ab dem fünften Monat kann man umsteigen auf eine zweimalige Fütterung. Egal aber, wie oft man füttert und wie alt ein Hund ist, er bekommt erst dann sein Futter, wenn er anschließend eine „Siesta“ einlegen kann.

Gelegentliches Zähneputzen kann auch nicht schaden. Dazu braucht es keiner Zahnbürste, steinhartes Brot oder zusätzlich getrocknete Hundekuchen leisten gute Dienste.

Als Abschluss dieses Kapitels sind mir die folgenden Sätze wichtig, die ich schon in anderen Portraits geschrieben habe:

„ ... Warnen möchte ich vor den ganzen Zusatzmitteln, die Hunde nach der Meinung der Hersteller alle braucht. Der Hersteller braucht sie für den Umsatz, der Hund bekommt sie in der Regel ausreichend mit einem Fertigfutter oder den „selbst gebastelten“ Menüs und wem das nicht reicht, der gibt eben frisches, z. B. Obst und Gemüse.“

Ausstellungen

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Nicht gerade in Deutschland häufig, aber in einer ganzen Reihe von Ländern findet man den Estrela auch auf Ausstellungen. Aber auch diese Rasse definiert sich nicht über derartige Veranstaltungen, sondern speziell im Ursprungsland über die „Arbeitsfähigkeit“ und die Gesundheit.

Auch in Deutschland gelten Ausstellungen als eine Art „Gütesiegel“. Nach meinen Erfahrungen oder Beobachtungen bei einer ganzen Reihe von solchen Veranstaltungen sehe ich das anders. Denn bei vielen Ausstellungen in Westeuropa wird nach den Ausstellungsordnungen der nationalen Vereine nur die Optik des Hundes und sein mehr oder weniger gepflegter Zustand beurteilt.
Über seine „Alltagstauglichkeit“ und seinen Charakter sagt ein noch so gutes Resultat überhaupt nichts aus.
 

Allerdings ist es auch Ansichtssache, an Ausstellungen teilzunehmen, denn es ist für die meisten Züchter notwendig, sich dort zu zeigen, denn erst nach einer Bewertung ihrer Hunde erteilen die meisten Zuchtclubs eine Zuchtzulassung.

Auf die Frage, ob denn Ausstellungen nicht auch dazu da sind, die Eitelkeiten der Hundebesitzer zu befriedigen, antwortete Suzette Preiswerk da Mota Veiga:

„ ... Gebe Dir 100% recht. Für viele ist der Hund nur Mittel zum Zweck. An Ausstellungen kommt dies besonders krass zum Vorschein. Trotzdem bin ich manchmal dort anzutreffen, auch um zu sehen, was so los ist. Aber es ist ein Zirkus der Eitelkeit und dann beschließe ich, dass ich eine Zeitlang nicht mehr hingehe, bis ich trotzdem wieder gehe (mit Pausen dazwischen).“

Ihr Rüde Bolero wurde 2000 in Mailand Weltsieger, ein bisschen stolz sei sie darauf schon. Kann sie auch, denn Bolero ist ein sehr schöner Hund und die Konkurrenz war im Gegensatz zu vielen anderen Ausstellungen recht groß.

Mailand 2000, Weltsieger Bolero
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Das kann man bei vielen Veranstaltungen in Deutschland nicht behaupten, wenn es um Hirtenhunde geht. Und so hat schon so mancher Hund als einziger im Ring gestanden und o Wunder, gewonnen. Schon ein bisschen albern.

HD

In Portugal staunte man nicht schlecht, als immer mehr Züchter anfingen, ihre Hunde zu röntgen und als selbst bei Arbeitshunden eine hohe Quote heraus kam und man den Hunden nicht einmal etwas anmerkte.

Suzette Preiswerk da Mota Veiga beschreibt das so:

„ ... Heute weiß man, seit die meisten Züchter in Portugal den HD Test machen, (der zur Zeit gratis ist), dass 50% der Estrelas HD haben. Merkwürdigerweise sind die wenigsten in ihren Bewegungen eingeschränkt. Das hätte ich früher nie vermutet.

 Irgendwie hat sich die Rasse mit dieser Infirmität arrangiert. Trotzdem empfehlen wir, nicht mit Hunden, die eine schwere HD haben, zu züchten, was auch in den meisten Fällen beachtet wird. Man kann im Moment keine strenge Verbote machen, denn es wäre nicht möglich und für die Rasse schlecht, in kurzer Zeit ca. 50% der Zuchthunde auszuschließen. Wie gesagt, den allermeisten HD Hunde ist absolut nichts anzumerken.“

Unterdessen hat sich die Rate deutlich nach unten korrigiert, wohlgemerkt bei Hunden, die von Züchtern stammen. Aber darauf möchte ich noch im Kapitel „Gesundheit“ eingehen.

In Portugal ist man dran, ähnliche HD - Richtlinien aufzustellen wie in den anderen Ländern. Aber es geht langsam, denn viele Tierärzte sind noch nicht genug ausgebildet, um eine Auswertung vorzunehmen, wie man sie in anderen Ländern kennt.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Zur Zeit ist es noch freiwillig, zu röntgen, aber die meisten Züchter tun dies. Suzette Preiswerk da Mota Veiga ist skeptisch, bei Züchtern, die nicht über den Verein züchten, oder Welpen ohne Papiere anbieten, sie schreibt dazu:

„ ... "Züchter" ohne Papiere können natürlich machen was sie wollen und unterliegen keiner Kontrolle. Deshalb hat man viel mehr Garantieren bei einem Hund mit Papieren.“

Bisher vertrat man die Meinung, HD ist ausschließlich erblich. Das kann heute so nicht mehr gehalten werden, denn auch durch eine falsche Aufzucht kann man HD fördern. Aus ihren eigenen Erfahrungen schreibt die Züchterin:

„ ... Schlimm für die Hüften ist es auch, wenn die Hunde im Haus gehalten werden auf glatten Böden, wo sie öfters ausrutschen. Dieses seitliche Ausrutschen ist extrem schlecht für die Hüften während der Wachstumsphase und kann tatsächlich eine Hüfte kaputt machen.   Man soll im Haus und glatten Terrassenböden  unbedingt Teppiche oder Antirutsch-Material auslegen, damit der Hund nie ausrutscht.“

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Welpenkauf

Allgemein gelten beim Kauf eines Welpen die folgenden Ratschläge von Suzette Preiswerk da Mota Veiga:

„ ... Bei der Suche nach einem Welpen, soll man sich unbedingt die Elterntiere gut anschauen und sich an einen seriösen Züchter wenden. Keineswegs angebliche Estrela - Hunde von der Strasse kaufen, wo sie manchmal angeboten werden.“

Denn so mancher „supergünstige“ Welpe, von Touristen am Straßenrand gekauft, hat sich als Mischling herausgestellt.

Ansonsten aber gilt: Viele Wege führen nach Rom, aber beim Estrela gibt es nur einen Weg und der geht ausschließlich nur über Suzette Preiswerk da Mota Veiga.

Hirtentracht und Bolero
Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Denn sie kennt sich in ganz Europa aus, weiß also Bescheid über die Züchter dieser Rasse.

Aber für mich persönlich kommt noch etwas anderes und sehr wichtiges hinzu. Seit ich mich mit Hirtenhunden beschäftige, immerhin seit 1994, habe ich nur wenige Züchterinnen  oder Züchter kennen gelernt, wie Suzette.

Suzette Preiswerk da Mota Veiga ist derart stockkonservativ in ihren Ansichten über diese Rasse und ihre Zucht, wie ich es bisher nicht kannte.

Modererscheinungen wie Lang – oder Kurzhaar, bestimmte Farben oder Größen, alles uninteressant. Ihr geht es um die Gesundheit und den Charakter der Rasse.

Zähle ich mit nur zwei Händen und deren zehn Finger die Züchter in ganz Europa zusammen, wohlgemerkt, die ich kenne, dann nimmt Suzette Preiswerk da Mota Veiga eine absolute Spitzenstellung ein, seriös bis in die Knochen, wie der Schwabe sagt. Oder hat das jemand anders gesagt?

Daher kann dieses Kapitel kurz und bündig abgeschlossen werden mit der Feststellung, wer einen Estrela haben möchte, wende sich an diese Adresse:

Suzette Preiswerk da Mota Veiga
Quinta de S.Fernando
Postfach 16
6260 Manteigas (Serra da Estrela)
PORTUGAL
Fuer jede beliebige Auskunft, Beratung und eventuelle Welpenvermittlung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung:
  
Tel.: + 351 275 981 215
Fax: + 351 275 982 670


suzette.veiga@sapo.pt

Dabei ist es unerheblich, wo was für ein Hund erworben wird, es kommt eben auf die Beratung an und die ist bei dieser Züchterin etwas besonderes. Hätten wir von dieser Sorte mehr, es sähe in der so genannten Hirtenhundeszene wesentlich besser aus.

Auf ihrer Internetseite stellt sie ihren Zwinger CANIL DA QUINTA DE S. FERNANDO vor, daraus einige Auszüge:

„ ... Ich bin gebürtige Schweizerin (aus Basel) und lebe schon seit 30 Jahren in der Serra da Estrela ...

Sehr früh lernte ich die dortigen Hirtenhunde kennen, den ... Cão da Serra da Estrela und beobachtete die Hirten mit ihren Hunden. Bis in den 80iger Jahren gab es in Serra da Estrela noch Wölfe und der Estrela Hund war für die Hirten die einzige Garantie, um für die Sicherheit der Herden zu wachen...

Für mich ist die Schönheit sehr wichtig, aber ebenso eine robuste Gesundheit und einen ausgeglichenen Charakter. Beteilige (mich) öfters mit einigen meiner Hunde an Ausstellungen und manche gewinnen oder werden immer mit “ausgezeichnet” bewertet. Bolero ist im Jahr 2000 Weltsieger geworden.

Alle meine Hunde haben den HD Test der Hüften und der Ellbogen gemacht. Es sind keine Erbkrankheiten bekannt.

Bei der Aufzucht der Welpen lege ich großen Wert auf eine gute Sozialisierung. Meine Welpen wachsen in einer geräumigen Anlage ums Haus (190m2) und haben täglich Gelegenheit auf dem Hof anderen Tieren zu begegnen (Pferd, Katzen etc.) und sehen auch viele Besucher mit Kindern, denn mein Zwinger wird oft von Touristen besucht.

Die Welpen werden selbstverständlich korrekt entwurmt und geimpft und mit einem elektronischen Mikrochip versehen, dessen Nummer dann auf dem Stammbaum (LOP) eingetragen ist. Wenn die Welpen ins Ausland gehen, besorge ich einen Export-Stammbaum.

Sie züchtet übrigens seit 18 Jahren Serra da Estrela.

Und noch etwas gefällt mir an dem portugiesischen Zuchtclub, seine Präsidentin sagt: „Hier darf man Hündinnen erst nach 18 Monaten. decken und sie dürfen nicht mehr als 8 Würfe haben und nicht später als 8 Jahre gedeckt werden.“

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Fado

Noch mal zurück zum Charakter des Estrela. Am Anfang dieses Portraits schriebe ich: Die portugiesischen  Rassen gelten allgemein als etwas weicher im Vergleich mit anderen Hirtenhunderassen.

Im Vergleich mit den benachbarten Spaniern gelten die Portugiesen als melancholisch, die Spanier als temperamentvoll. Sicher ist das ein Vorurteil, oder ein Klischee, aber an solchen ist immer etwas dran.

Ein bisschen kann man immer an der Musik festmachen, ob an solchen Behauptungen etwas dran ist. Und die wichtigste Musikform Portugals ist nun mal der Fado und der ist tatsächlich sehr melancholisch.

Panorama von Lissabon
Quelle: Wikipedia

Man unterscheidet zwei Formen des Fado, einmal den Fado von Lissabon, der sich mehr mit dem städtischen Leben beschäftigt und dem Fado von Coimbra, einer Universitätsstadt ca. 200 km nördlich von Lissabon und 100 km südlich von Porto am Rio Mondego.

Die Stadt war im Jahr 2003 die Kulturhauptstadt Portugals.

Der Fado von Coimbra ist der eher ländliche Fado. Eines aber haben beide Richtungen gemeinsam,, die Melancholie und die „Saudade“, die Sehnsucht. Gemeiner ausgedrückt, der Fado beschäftigt sich immer mit „Wein, Weib und der Liebe“ und das endet oft genug tragisch.

Bildquelle: thesoundofmusicpt.blogspot.com/2009/05/semana...

 Amália Rodrigues war die bedeutendste Fado - Künstlerin, nach ihrem Tod hat sich diese Musik verändert und es gibt von anderen Stilrichtungen beeinflusste Fado – Künstler.

Zur Erinnerung an die faschistische Zeit wird in der Nacht der „Nelkenrevolution“ die Fassung von José Afonso des Liedes „Grândola, Vila Morena“ aufgeführt.

In einem Interview vor vielen Jahren hat sich Amália Rodrigues angeblich einmal als Zigeunerin bezeichnet. Seither ist ihre Musik in Deutschland unter den Sinti bekannt und beliebt.

Auch in unserer Familie wird die Künstlerin sehr gerne gehört und wir empfinden Fado als sehr schöne Folklore.

Amalia Rodrigues, am 1. Juli 1920 in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon geboren, verstarb am 6. Oktober 1999.

Zurück zum Charakter

Wenn man also nach dem Kapitel des Fado Portugiesen als etwas melancholisch bezeichnet, dann stimmt das mit dem etwas „weicheren“ Hirtenhund sicher. Auch meine Erfahrungen mit diesen Hunden laufen in diese Richtung. Denn sie sind „menschenbezogener“ als andere Hirtenhunde und sie lassen sich auch etwas leichter lenken und dirigieren. Aber Vorsicht, „Weicheier“ sind sie keinesfalls und ihre Jahrhunderte alte Aufgabe als Wächter nehmen sie sehr, sehr ernst. Dabei spielt es dann keine Rolle, ob die Hunde langes oder stockhaariges Fell haben.

Ausblick

Foto: Mario Jessat

In der richtigen Umgebung gehalten von Besitzern, die seine Eigenständigkeit respektieren, ist der Estrela ein sehr guter Familienhund. Und das schöne daran, ein sehr robuster und „pflegeleichter“ Hirtenhund. Das wirkt sich auch auf das Alter aus, denn bei dieser Rasse gibt es Hunde, die das Dutzend an Jahren lässig überschreiten.

Viele Besitzer schwören Stein und Bein, ihre Hunde seien nie krank gewesen und einen Tierarzt haben sie nur gesehen, wenn die erforderlichen Impfungen fällig waren.

Foto: Suzette Preiswerk da Mota Veiga

Auch ich oute mich gerne als Fan dieser Rasse, allerdings mag ich den kurzhaarigen Typ mehr.

Hartmut Deckert

Danksagung

Allen, die uns Bilder zur Verfügung gestellt haben, danken wir zum Schluss dieses Portraits.

 

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