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TORNJAK

DER BERGHUND AUS BOSNIEN-HERZEGOWINA 

- ein wenig bekannter und seltener Vertreter der südosteuropäischen Hirtenhunde-Gruppe

Der Tornjak gehört zur Gruppe der südosteuropäischen Hirtenhunde und ist ursprünglich in Bosnien-Herzegowina beheimatet, aber auch die Kroaten wissen die Qualitäten dieses Hirtenhundes durchaus seit langem zu schätzen und beanspruchen ihn daher als ihren Nationalhund. Ziemlich sicher stammt er von Hunden ab, die im Zuge der Herdenwanderungen aus dem Gebiet des heutigen Irak über den südlichen Balkan, also Griechenland und Macedonien, aber auch aus Rumänien und Bulgarien in diese Region gekommen sind.

Bedenkt man die politische und kulturelle Situation des ehemaligen Yugoslawien, wird klar, warum sich Bosniaken und Kroaten um die wahre Herkunft des Tornjak bis heute streiten. Am ursprünglichen Namen "Tomjak" allerdings erkennt man, daß er aus der Republik Bosnien-Herzegowina stammt. Typgleiche Hunde finden sich aber auch in den Grenzgebieten zu Serbien und vor allem Kroatien. So existierte im Gebiet der "Vocjoj Planini" eine große Population, die allerdings während des Krieges fast komplett vernichtet wurde. Insgesamt nur wenige Hunde haben diesen Krieg überlebt. In Bosnien ist die größte Population wohl im Gebiet um Travnik und auf der Vlasic Planina und den angrenzenden Weidegebieten zu finden.

Dieser Streit um die wahre "Urheberschaft" hat dazu geführt, daß Bosniaken und Kroaten fast gleichlautende bzw. gleichlautende Beweise liefern, woher der Tornjak stammt. So ist in Rassebeschreibungen zu finden, daß bereits im Jahre 1067 katholische Priester, die durch Bosnien reisten, einen Hund erwähnten, der die Herden beschützte und den sie "Canis Montanus" nannten. Weitere schriftliche Erwähnungen finden sich in Schriften aus den Jahren 1374 und 1752. Zwar soll dieser "Canis Montanus" eine Schulterhöhe von 60 - 75 cm. gehabt haben und es gab ihn mit verschiedenen Fellfarben, aber diese Angaben sind derart allgemein gehalten, daß eine direkte Verbindung zum Tornjak sehr gewagt ist.

Ähnliche Quellen nennen die kroatischen Kynologen. Die ältesten, bisher bekannt gewordenen schriftlichen Erwähnungen fand man in alten Handschriften der kroatischen katholischen Kirche aus dem 11.-19. Jahrhundert, die im bischöflichen Archiv von Djakovo aufbewahrt werden. In diesen Manuskripten wird ebenfalls ein "Canis Montanus" (lateinisch: Berghund) erwähnt und beschrieben, der in allen Berglandschaften Kroatiens lebt, eine Schulterhöhe von 60-75 Zentimetern sowie ein mittelanges Fell, hängende Ohren und eine dicht behaarte Rute aufweist und der in verschiedenen Fellfarben vorkommt: schwarz, weiß, grau, gelb, braun und rot, aber auch bunt und dreifarbig. Diese Beschreibung erinnert sehr vage an den heutigen Tornjak, so dass man höchstens davon ausgehen kann, dass tornjakartige Hirtenhunde bereits seit 1000 Jahren und mehr in den Gebirgsregionen Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas existieren.

Auch in Kroatien werden insgesamt drei Dokumente als Beweis der kroatischen Abstammung vorgelegt, von denen das erste aus dem Jahr 1062 stammt. Das zweite Dokument, verfasst von Peter Horvat, dem Bischof von Djakovo, datiert aus dem Jahr 1374, und das dritte, aus dem Jahr 1752, hat Peter Lukic zum Urheber, welcher Kanonikus des Djakovoer Bistums war.

Im vergangenen Jahrhundert finden sich auch immer wieder Erwähnungen. z. B. bei Stephanitz (1923), der einen bosnischen Hirtenhund erwähnt und auch ein Bild von diesem zeigt. 1958 erscheint in der Zeitschrift "Moj Pas" ein Artikel von Ratimor Orban, in dem er neben anderen Hirtenhunden auch den Tornjak beschreibt. In "Working Dogs of the World" beschreibt Hubbard 1947 den Tornjak als bosnischen Schäferhund. Die Zeitschrift "Mein Hund" No. 3,4, 1980 veröffentlicht den Artikel "Bosnischer Schaeferhund Tornjak – unsere neue Hundrasse" von Sandor Horvat. Und in der jugoslawischen "Jagdzeitschrift" Mai-September 1981 schreibt Ante Kozina eine Serie von Artikeln über den bosnischen Tornjak.

Etwas haben die Quellen der beiden Länder gemeinsam, man kann vereinzelt immer noch lesen, daß alle Hirtenhunderassen vom tibetischen Do-khyi abstammen sollen. Dies ist gesichert falsch und unlogisch.

Eines sollte bei der Frage nach der Herkunft bedacht werden, nämlich der Umstand, daß die Hirtenhunde des Balkan diesen vom Süden nach Norden "eroberten". Hinzu kommt, daß es im südlichen Teil Yugoslawien schon immer Hunde gab, die andere Farben und Haarlängen hatten. Im Kosovo und in der Sar - Planina gibt es die Hunde der Goraner, die oft sehr hell sind. Ebenfalls interessant, daß albanische Hirten auf der Sar - Planina sogar weiße Hunde hatten, die schwarze oder braune Abzeichen und Flecken hatten. Und auch heute noch gibt es zwischen Züchtern in den Bergen und hauptsächlich serbischen Züchtern einen heißen Tanz darüber, wer die echten Sarplaninac hat. Ein bisschen muss ich mich da auf die Seite der Bergleute stellen. Denn sie züchten auch heute noch Hunde, die sie als Karabash (gelbe Hunde) und Medjar (weiße Hunde) bezeichnen, die aber Sarplaninac im eigentlichen Sinn sind, denn sie stammen nun mal aus der Sar - Planina. Diese Hunde könnten sehr wohl zusammen mit den anderen Schlägen des Balkan zur Entstehung des Tornjak geführt haben. Dazu kommt, daß die Kroaten viel später mit der Haltung von Hirtenhunden anfingen, als muslimisch beeinflusste Regionen und der Süden von Yugoslawien.

Die deutschen "Experten" verwechseln auf dem Balkan eines gewaltig. Sie glauben nämlich, daß da seit Jahrtausenden immer ein Schild steht: "Halt Grenze" von ... Dem ist aber nicht so, denn die Wanderhirten scherten sich um Grenzen nie und die verschiedenen Volksgruppen sind der Schlüssel zur Herkunft dieser balkanischen Hirtenhunde. Und da gab es ja auch noch die Karakatschanen, die Aromunen und Illyrer, usw.

Traditionelle Heimat und Verwendung und Namensableitung

Von den Wanderhirten und Bergbauern in den Ausläufern des Dinarischen Gebirges zu beiden Seiten der Grenze zwischen dem heutigen Bosnien-Herzegowina und Kroatien wird der Tornjak seit Jahrhunderten als Wächter und Beschützer der Schafherden gehalten und gezüchtet. Die meisten Hunde finden sich in den Gebirgsregionen Zentral-Bosniens und der westlichen Herzegowina, aber auch auf der Ebene von Grobnik, um Lika, Knin und Sinj herum – überall dort, wo extensive Schafweidewirtschaft betrieben wird und eine Transhumanz zwischen Sommer- und Winterweide stattfindet. Die Hunde begleiten traditionellerweise die Herden im Frühjahr/Frühsommer ins Gebirge und im Herbst hinab in die Ebenen der Posavina, Slavoniens und Zentral-Dalmatiens. Die Zucht der Rasse liegt überwiegend in den Händen der Landbevölkerung, die Hunde für ihren eigenen Bedarf hält. Aber es gibt auch einige Liebhaber-Zuchten, vor allem um Rijeka und um Zagreb herum, die dem nationalen Zuchtverband angeschlossen sind.

Über die Entstehung des Namens "Tornjak" schreibt Roland Kaschel: "Aus dem slawischen Sprachraum ist uns die Bezeichnung "Ovcar", bzw. "Ovtscharka" für den "Hund des Schäfers" bereits bekannt. Manchmal werden wir auch noch mit der Benennung " Pastirski Pas", was soviel wie "Hirtenhund" bedeutet, konfrontiert. Der Name " Tornjak" ist aber sicherlich für viele, die mit den slawischen Sprachen nicht so vertraut sind, schwieriger einzuordnen. Die Bezeichnung "Tornjak" ist eine Ableitung von dem Wort "Torn" bzw. "Torni", was ins Deutsche übersetzt ,'pferch" (Schutzgatter für Schafe oder andere Herdentiere) bedeutet. Abends werden die Herdentiere, um sie in der Nacht besser beschützen zu können, in die Pferche getrieben. Da die Hunde in den Nächten bei und in den Pferchen lagern, um die Tiere zu bewachen, leiteten die Hirten den Namen" Tornjak" davon ab. Frei übersetzt würde " Tornjak" also "Pferch-Wächter" bedeuten. Unabhängig von dieser, sich auf die Funktion beziehenden Bezeichnungen erhielten die Hunde, wie allgemein üblich, auch Rufnamen."

Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet der Tornjak in die Mühlen der Politik. Da die ehemalige Republik Jugoslawien in allen Schlüsselpositionen sehr stark von der Zentralregierung dominiert wurde, machten auch Hundewesen und Hundezucht davon keine Ausnahme. Neben der Kontrolle über Regierung, Polizei und Armee hatten diese auch die Kontrolle über die staatlichen Zuchtverbände inne. Das hatte zur Folge, dass zunächst ausschließlich der Illyrische Schäferhund als kleinster gemeinsamer Nenner aller Volksgruppen eine staatliche Förderung als nationaler jugoslawischer Hirtenhund erfuhr. Obwohl jugoslawische Kynologen immer wieder auf den Tornjak hinwiesen, blieb dieser über lange Zeit ein kynologisches Stiefkind seines Landes, zu dessen Anerkennung als eigene Rasse man sich nicht recht entschließen konnte oder wollte.

Ein Grund mag sicher auch gewesen sein, daß die Bosniaken als mehrheitlich muslimische Bevölkerung als minderwertiger angesehen wurden. Allerdings wurde der Tornjak auch deswegen nicht gefördert, oder als Rasse geführt, weil man glaubte, mit dem Illyrischen Schäferhund bereits eine würdige Hirtenhunderasse zu haben. Ähnlich erging es den Hunden aus der Sar-Planina, denn sie wurden als "unechte" Sarplaninac angesehen und statt ihrer züchtete man den ziemlich einheitsfarbenen (eisengrauen) Illyrier, der allerdings heute getrennt wird in die Rassen Sarplaninac und Kraski-Ovcar.

Mit dem Rückgang des Wanderhirtentums und der extensiven Schafzucht verschwand auch der Tornjak sukzessive von der Bildfläche - zunächst in den westlichen kontinentalen Regionen Kroatiens, dann auch in den südöstlichen. Man könnte auch sagen, er machte Platz für den Kraski-Ovcar. Anders dagegen war die Situation in Bosnien. Dort erhielt sich der Tornjak in wesentlich größerer Zahl und der Druck von Sarplaninac und Kraski - Ovcar war nicht sehr groß, bzw. nicht vorhanden Schlussendlich waren Restpopulationen fast nur noch vereinzelt auf den kroatischen Hochebenen vorhanden, wo die Schafzucht bis dahin noch in althergebrachter Form weiter betrieben wurde. Allerdings war dort auch der Bedarf an wehrhaften Hirtenhunden nicht mehr so ausgeprägt, denn die Population an Wölfen und vor allem an Bären hatte in Kroatien und Slowenien gewaltig abgenommen. Hinzu kam, daß die Bauern ärmer und die Herden kleiner waren und daher der kleinere Kraski-Ovcar vollkommen genügte. Außerdem wurden diese auch noch z.T. als Hütehunde eingesetzt, waren also "universeller" verwendbar.

In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts war die Rasse so selten geworden, dass sie kurz vor dem Aussterben stand. Zum Glück erkannten jugoslawische Kynologen die Situation und begannen zu handeln. Im Jahr 1972 starteten sie erste Programme zur Erfassung und Standardisierung des Tornjak. Sie bemühten sich, die wenigen noch vorhandenen Exemplare in den Bergregionen Bosniens, Herzegowinas und Dalmatiens aufzuspüren und einer planmäßigen Weiterzucht zu zuführen. 1979 gründete man in Zagreb die "Kommission für die Standardisierung des Tornjak und die Einführung der kontrollierten Zucht" und im Jahre 1981 kam es zur offiziellen Anerkennung des "bosnischen Tornjak" durch den JKS (Jugoslawischer kynologischer Verband). Durch den Krieg wurde die Zucht gewaltig zurückgeworfen. Nach seiner Beendigung begann man wieder damit, die noch vorhandenen Zuchttiere zu erfassen und zu registrieren. Leider bemüht man sich seither auf getrennten Wegen. Roland Kaschel schreibt: "Derzeit existieren vier Tornjak -Klubs .Einer in Travnik (Bosnien) sowie weitere in Banja Luka (serbischer Teil Bosniens), in Macvanski Prnjavor (Rest-Jugoslawien) und in Zagreb (Kroatien). Während die Bosniaken und Serben ihre Zuchtarbeit inzwischen teilweise koordinieren, gehen die Kroaten eigene Wege. So wurden die Tornjakis auf der letzten großen Ausstellung im Jahre 2000 in Zagreb als " Kroatischer Berghund - Tornjak" bezeichnet und den internationalen Gästen der FCI präsentiert .

Dadurch sind Unstimmigkeiten vorprogrammiert, die die FCI dazu veranlassen könnte, die offizielle, internationale Anerkennung des Tornjak herauszuzögern. In Bosnien und Serbien sind momentan etwa 1500 Tornjakis und in Kroatien etwa 1000 Tornjakis in den Zuchtbüchern registriert . Es gibt aber auch Kroaten, die inzwischen eingesehen haben , dass die kroatische Eigenständigkeit falsch ist und mit den Bosniern und Serben zusammenarbeiten im Interesse der Rasse.

Alljährlich finden vier bis fünf Zuchtschauen - über Bosnien und Herzegowina verteilt - statt, die der Zuchtwertschätzung und Ankörung dienen. In Kroatien waren bis zum Jahr 2002 1145 Tornjakis registriert bei einem Schnitt von circa 80 Hunden pro Jahr. 90 % der eingetragenen Welpen fielen bei Großzüchtern (mit 15 - 20 Welpen pro Jahr). Über die Qualität dieser kroatischen Hunde darf heftig gestritten werden, denn auch in Deutschland tauchen die ersten Hunde auf, die unter HD (Hüftgelenkdysplasie) leiden und daher für die Zucht unbrauchbar sind.

Mit dem Zerfall der Republik Jugoslawien und der Unabhängigkeit Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas von Rest-Jugoslawien im Mai 1991 erklärte man den Tornjak sowohl in Kroatien wie auch in Bosnien-Herzegowina zum Nationalgut. Für die Kroaten ist der Tornjak eine alte kroatische Rasse. Für die Bosnier ist klar, dass der Tornjak ursprünglich aus Bosnien stammt. Welche Theorie die wahre und richtige ist, lässt sich nur schwer beweisen, da das Herkunftsgebiet alter Hirtenhundschläge sich selten ganz präzise eingrenzen lässt und sich in der Regel nicht an politisch definierte staatliche Grenzen hält. Zu vermuten ist allerdings, wie schon beschrieben, daß es sich eben doch um eine bosnische Rasse handelt, die sich in den Berggegenden Ex-Yugoslawiens ausgebreitet hat.

Zukunftsperspektiven

Ob sich die beiden autonomen Staaten Kroatien und Bosnien-Herzegowina zum Wohle der Rasse zukünftig auf eine gemeinsame Zucht und Förderung der Rasse einigen können, ist fraglich, bzw. wird wohl eher nicht der Fall sein. Wie alle noch jungen Republiken benötigen beide Symbole zur Stärkung ihres Selbstbewusstseins - und als solches Symbol kommt ein großer, imposanter und wehrhafter Hirtenhund wie der Tornjak gerade gelegen. Tornjakis besitzen inzwischen in ihrer Heimatregion einen beinahe folkloristischen Status und werden von daher geradezu mit Verehrung behandelt. Bosnien-Herzegowina hat sogar schon eine Briefmarke mit dem Bild von zwei Tornjakis heraus gebracht. Eine ähnlich hohe Wertschätzung ist ansonsten nur vom Karabash in der Türkei bekannt und - in minderem Maße - vom Mioritic in Rumänien.

Bleibt noch zu erwähnen, dass Tornjakis in Kroatien neuerdings auch in Wolfsschutz-Projekten eingesetzt werden, wobei sie im Prinzip ja lediglich in ihrer angestammten Aufgabe – Schafherden gegen Großraubtiere zu schützen – arbeiten. Im Jahr 1999 wurden erstmals zwanzig Tornjak-Welpen aus Zagreb in die Bergregion von Unesic verbracht, um ins Herdenschutzhund-Programm eingegliedert zu werden. Mittlerweile wurden circa 40 Tornjakis in das Projekt einbezogen.

Verbreitung

Außerhalb Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas existieren nur sehr kleine Populationen dieser Hunderasse, die überwiegend von emigrierten Kroaten und Bosniern gehalten werden, die ihre Hunde aus der Heimat mitgebracht haben. Sogar innerhalb der anderen jugoslawischen Teilstaaten gibt es nur wenige Tornjakis, da der Sarplaninac dort immer noch bei weitem populärer ist. Zuchten außerhalb Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas existieren in minimalen Umfang in Deutschland, Holland und Österreich sowie in USA und Kanada. Die Rasse ist noch nicht FCI-anerkannt. Diesbezügliche Bemühungen sind jedoch im Gange. Wobei es sich bei Würfen in Deutschland nur um sogenannte "wilde Würfe" handelt, denn eine Registrierung oder gar Anerkennung durch den VDH (Verband für das deutsche Hundewesen) ist nicht möglich. Allerdings sitzen sowohl in Deutschland wie auch Österreich bereits Tornjak-Halter "in den Startlöchern", die unbedingt ihre Hunde weiterzüchten - oder besser gesagt - weitervermehren wollen.

Exterieur

Der Tornjak besitzt, wie alle Hirtenhunde, einen kräftigen Körperbau mit mächtiger Brust und gut entwickelter Hinterhand. Rüden erreichen Widerristhöhen von mindestens 70 Zentimetern, in Einzelfällen sogar über 80 Zentimetern und Körpergewichte von 45-55 Kilogramm. Hündinnen sind kleiner, leichter und schmaler gebaut (60-65 Zentimeter bei circa 35 Kilogramm). Seine volle Körpergröße erlangt der Tornjak schon mit 12-15 Monaten. Er legt jedoch im zweiten und dritten Lebensjahr noch einiges an Substanz zu, so dass er sein Endgewicht erst im dritten Lebensjahr erreicht. Ausgestattet mit einem langen, leicht gewellten, sehr dichten Fell mit gut entwickelter Unterwolle, sind Tornjakis in der Lage, jeglicher Witterung zu trotzen. Der Rüde trägt eine Art Halsmähne. Das Gesicht und die Beine sind bei beiden Geschlechtern kurz behaart - mit Ausnahme einer Befederung der Vorder- und einer Behosung der Hinterläufe. Gelegentlich treten Exemplare mit blauen Augen auf. Diese blauen Augen kann man aber gelegentlich auch bei anderen Hirtenhunderassen beobachten. So z. B. bei Centralasiaten.

Tornjakis kommen in einer großen Zahl von Farbvarianten vor, was ein Hinweis darauf ist, dass diese Hunde bis in jüngste Zeit ausschließlich als Arbeitshunde gezüchtet wurden und keinerlei schauzüchterischen Einflüssen unterlagen. In Kroatien trifft dies allerdings nicht mehr immer zu, denn immer weniger Hunde arbeiten aktiv an der Herde, werden aber sehr wohl als "Showhunde" und als Familienhunde verkauft. Die dominierende Grundfarbe ist meistens Weiß. Die Varianten reichen jedoch von fast weißen Tieren mit nur kleinen plattenförmigen Flecken über Hunde mit ausgedehnter Plattenscheckung bis hin zu (selten vorkommenden) überwiegend dunklen Tieren mit weißen Abzeichen nur an Hals, Kopf und Läufen. Praktisch alle Hunde weisen im Bereich von Kopf, Hals und Läufen schwarze, graue, gelbe, rote, hell- oder dunkelbraune Flecken oder Strähnen unterschiedlicher Größe und Farbkombinationen auf. Einfarbig weiße, schwarze oder braune Tornjakis gibt es sehr selten. Ansonsten sind alle Variationen und Kombinationen an Farben und Mustern zugelassen und gleichwertig. Wie detailliert die verschiedenen Farbschläge beschrieben werden und dabei die passenden Rufnamen bekommen, ist von Ratomir Orban 1958 veröffentlicht worden, sie gelten in Bosnien auch heute noch. Wie mir mitgeteilt wurde, sind sie in Kroatien nicht gebräuchlich. Er beschreibt sie so: "Bezüglich der Färbung, werden beim Tornjak im bosnischen Hauptverbreitungsgebiet unterschiedliche Farbvarianten beschrieben:

Bjlov" (Weißer) ist ein ganz weißer Hund und tritt hauptsächlich in der Umgebung von Bugojna auf. Dieser Farbschlag wird umgangssprachlich oft "Bilov" genannt.

Sarov" (Schecke) ist weiß mit schwarzen Flecken, tritt in der Umgebung von Prozara auf und wird oft "Crnosari" genannt.

Sarov" (Schecke) weiß mit braunen Flecken, stammt aus der Umgebung von Fojnice.

Zeljov" (Grüner graugrün, grau-beige) mit weißer Brust, Beinen und Bauch, oft zu finden in der Umgebung der Vlasic Planina und der Herzegowina. Wenn diese Hunde im Gesicht und am Hals weiß sind, werden sie volkstümlich "Grlin" genannt, wenn sie aber nur am Bauch und den Beinen weiß sind, dann "Ritin".

"Garov" (Schwarzer) schwarz mit weißen und beige am Unterhals und den Beinen, oder auch mit Kragen. Es gibt auch rein schwarze und schwarze mit weißen Flecken. Derartige Tiere findet man oft im Gebiet von Glamoc.

Sehr beliebt ist in Bosnien auch die Bezeichnung "Rudov" wenn sie nur die graugrüne Farbe haben, wenn sie graugrün mit weiß auf dem Kopf sind dann "Lisan" und wenn die weiße Farbe nur am Fang auftritt, dann "Brnjak".

Sehr interessant ist bei der Benennung der Farbschläge die Tatsache, daß hier keine Namen türkischen Ursprungs auftauchen, wie wir sie zum Beispiel beim Sarplaninac (Karabas = Schwarzkopf) oder beim Karakatschan (Karaman = Schwarzer) finden. Das lässt auch darauf schließen, daß die Population der Tomjaks nicht von türkischen Hunden beeinflusst wurde.

Wesen und Besonderheiten

Tornjakis repräsentieren eine noch sehr ursprüngliche Hirtenhunde-Rasse mit allen für diese Hundegruppe typischen Eigenschaften wie wache Sinne, große Selbständigkeit und Eigeninitiative, starke territoriale Bindung und Schutzbereitschaft. Vertrauten Personen gegenüber verhalten sie sich sehr emotional und gelten als ausgesprochen kinderlieb. Fremden Personen gegenüber wirken sie reserviert bis tendenziell gleichgültig, aber nicht aggressiv. Bei ernsthafter Bedrohung sind sie jedoch bereit, ihr Rudel zu verteidigen. Allerdings gilt auch bei Tornjakis, Angriffe sind eher die Ausnahme, die Hunde versuchen mit Imponiergehabe und lautstarkem Gebelle und Getöse Fremde (Menschen und Tiere) zu beeindrucken und zu verjagen. Gut aufgezogen und geprägt, weisen sie, auch in größeren Hundegruppen lebend, ausgesprochen soziale Instinkte auf und verhalten sich in den meisten Situationen gelassen, friedfertig und ruhig, sofern ihre hohe Rangstellung nicht in Frage gestellt wird. Generell befindet sich die Aggressionsbereitschaft beim Tornjak meist am unteren Ende der Skala. Dies ist allerdings ein Merkmal aller Hirtenhunderassen. Auch nicht richtig die Behauptung, Tornjakis und andere Hirtenhunde seien außerhalb ihres eigenen Territoriums unsicherer oder gar ängstlich. Einem richtig selbstbewussten Hirtenhund ist es egal, wo er ist, er ist immer Chef im Ring. Ein bosnischer Züchter schreibt: "Tornjakis sind sehr besonnene Hunde, gutmütig gegenüber Menschen, jedoch mit einem Verteidigungsinstinkt, wenn sie in die Lage kommen, daß sie ihr Territorium vor Menschen und Raubtieren verteidigen müssen. Besonders ausdauernd ist er in der Verteidigung von Hürden und Herden vor "Raubtieren". Nicht selten ist er bereit, in der Erfüllung seiner Aufgaben sogar auch sein Leben zu opfern. Der Tornjak ist ein Hund, der sehr leicht den Willen seines Herrn begreift und leicht Lehren annimmt; unbestechlich und argwöhnisch ist er gegenüber Fremden; bescheiden sind die Anforderungen für Ernährung und Unterbringung (im Winter bleibt er sogar auch neben seiner Hütte im Schnee liegen, der ihn häufig auch bedeckt)."

Für ihre Erziehung ist, wie bei allen Hirtenhunden, eine große Portion Geduld unabdingbar. Dies heißt jedoch nicht, daß die Hunde schwerer lernen oder gar dümmer sind. Das Gegenteil ist der Fall. Allerdings muss ein Hirtenhund eben vom Sinn einer Übung überzeugt sein und eine ständige und monotone Wiederholung lehnt er ab. Daher sollte in kurzen Intervallen trainiert werden.

Was Ernährung und Pflege anbetrifft, ist der Tornjak - wie alle Hirtenhunde - eher bescheiden und anspruchslos. Hier sollte aber nicht eine billige und einseitige Ernährung mit einer eben eher bescheidenen Ernährung verwechselt werden. Denn die Hirten und Schäfer waren zwar schon immer arm, aber sie teilten ihre Nahrung immer mit den Hunden, auch wenn diese nur aus einem Maisbrei, Brot und Käse bestand. Fleisch als Nahrung war für Hirtenhunde schon immer die Ausnahme.

Über die Haltung von Hirtenhunden im Allgemeinen und Tornjak im Besonderen ist viel geschrieben worden. Als allgemeiner Ratschlag kann daher gelten, sich an die Haltung in den Ursprungsländern soweit wie möglich anzulehnen. Das heißt, eine reine Wohnungs- oder Haushaltung ist für diese Hunde nicht geeignet. Es sollte ihnen immer eine Auswahl angeboten werden. Dann kommt es zwar sicher auch vor, daß ein Tornjak eine gemütliche Couch durchaus als angemessenen Platz empfindet, aber er sollte genauso seine Plätze im Freien haben. Tornjakis sind alle klimatischen Bedingungen gewöhnt und Sonne Wind und schlechtes Wetter gehören zu ihrer natürlichen Umgebung. Bedenkt man diese Wünsche der Hunde, hat man einen robusten und gesunden Hausgenossen, der sehr alt werden kann. So sind Hirtenhunde mit über 15 Jahren nicht die Seltenheit.

Valeria Slembrouck/Hartmut Deckert

Quellen:

Roland Kaschel, verschiedene Fachartikel

Nachsatz:

Unser besonderer Dank geht nach Bosnien.

Zum einen an Amel, den Webmaster von www.bhtornjak.com

und zum anderen an Dino Haracic www.tornjak-odharacica.de.vu/.

Gefreut haben wir uns über die Unterstützung deswegen, weil wir dank ihrer Hilfe Bilder zeigen können von Hunden aus dem Ursprungsland. Ein Besuch auf ihrer Homepage lohnt sich sehr, deswegen sind sie auch in unserer Linkliste zu finden.

Unterdessen gibt es in Deutschland einige Tornjakis aus Kroatien, aber es treten auch bereits die ersten Fälle von HD auf. Traurig, denn bei den wenigen Hunden müsste eigentlich so was nicht sein. Wieder ist es wohl so, dass durch unüberlegte Käufe bei Züchtern/innen, die sich anscheinend darüber keine oder nur wenig Gedanken machen, derartige Krankheiten "eingeschleppt" werden. Verwunderlich schon deshalb, weil in Kroatien immer häufiger geröntgt wird. Es wäre also durchaus möglich, Hunde aus HD freien Elterntieren zu kaufen. Daher ist der Bestand an Tornjakis bereits gefährdet, bevor er sich etablieren kann.

Gerade dieses Beispiel zeigt sehr gut, dass unüberlegte Käufe aus angeblichen Ursprungsländern eben doch mit Vorsicht zu genießen sind. Dabei ist es nicht sehr schwer, sich auch über ausländische Züchter zu informieren. Da auch Bosnien – Herzegowina heute wieder ohne Probleme zu erreichen ist, wäre es schön, wenn Tornjakis aus diesem Land die deutsche Szene der Hirtenhunde beleben würden

Pozdrav od Srca

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