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Komondor,

"Der König der Hirtenhunde"

Fruschka
Foto:
www.sportpension-wagner.de

Vorwort

Bevor man dieses Portrait liest, ist es ratsam sich erst den Kuvasz "zu Gemüte zu führen". Denn erstens sind die beiden Rassen sehr eng verwandt, und zweitens wurden sie über viele Jahre hinweg miteinander verkreuzt. Daher ist vieles in ihrer Geschichte identisch oder doch sehr ähnlich.

Dazu kommt, dass es in Deutschland seit Beginn der Zucht immer einen Club gab, der alle ungarischen Rassen vertreten hat. Das bedeutet dann eben, dass viele Gemeinsamkeiten in jeder Beschreibung auftauchen.

Natürlich möchte ich nicht alles wiederholen und so wird immer wieder in diesem Portrait zu lesen sein, siehe Kuvasz.

Am Plattensee
Foto: von Gabi Hahlweg

Einleitung

Mit Komondorok habe ich bisher wenig zu tun gehabt, aber eine Geschichte über diese Hunde habe ich doch zu bieten.

Vor Jahren sollte ein Komondor einige Wochen zu uns in Pflege, da sein Besitzer ins Krankenhaus musste. Gott sei Dank hatte ich für alle Fälle die Telefonnummer eines Freundes des Besitzers, der ihn am dritten Tage wieder abholte.

Der Bursche schaffte etwas, was bis dahin noch nie einer unserer Hunde geschafft hatte, er übersprang ein freistehendes Dach von 1,8 Meter Höhe jeden Tag, und wenn ich am späten Nachmittag zum Füttern und Spazieren gehen kam, lief mein Herr Komondor frei in unserem Garten herum. Den Außenzaun von etwa 160 cm. hat er übrigens nie übersprungen, ihm genügte es, frei im Garten zu sein.

Direkt hinter unserem Garten verlief die Bahnlinie und wenn er doch mal den Gartenzaun übersprungen hätte und ihm wäre etwas passiert, ich hätte es mir nicht verziehen. So beschränkte sich unsere Bekanntschaft auf 3 Tage. Eigentlich schade, denn er war ein phantastischer Hund. Mit unseren Schäferhunden vertrug er sich prima, er war der Chef und sie machten, was er vorgab. In den drei Tagen habe ich von ihm eine Menge gelernt und unsere Hunde bestimmt auch. So ist eine Erinnerung geblieben, die immer dann kommt, wenn ich eines dieser "Zottelmonster" irgendwo friedlich und völlig unschuldig rum liegen sehe. Und eine heimliche Verehrung ist auch geblieben für den "König der Puszta".

Der König

Nachdem sich noch nie Halter oder Züchter der anderen Hirtenhunderassen dagegen gewehrt haben, wenn die "Komondorleute" ihren Hund als den König der Hirtenhunde (nicht der Herdenschutzhunde) bezeichnen, will ich auch diese Bezeichnung übernehmen, denn außergewöhnlich ist er schon, angefangen bei der äußeren Erscheinung und aufgehört bei seinem Charakter.

Foto: Edina Kapuvary

Wer so archaisch daherkommt und mit so einem Charakter auftritt, hat diese Bezeichnung sicher auch verdient. Dazu kommt seine beachtliche Größe und sein außergewöhnliches Aussehen. Durch sein dickfransiges "Zottelfell" wirkt er, flach am Boden liegend, wie ein Fellteppich und wenn ihn jemand beschreiben sollte, lautete diese so: Wo es bellt ist vorne und wenn er dich anschaut, merkst du es nicht. In Bewegung geraten, wirkt ein Komondor zwar wie ein wild gewordener Mop, aber lachen oder unterschätzen sollte man ihn nie.Erna Mohr beschreibt es in ihrem Buch über die ungarischen Hirtenhunde so:

"Es ist nicht gut, nachts oder in der Dämmerung im Gebirge frei laufenden … Komondoren zu begegnen, wo sie nicht entweder selbst zu Gaste oder durch die Nähe eines Touristenhauses auf ihrer Alm an Fremde gewöhnt sind. In der Pußta ist es ebenso. Wenn sie auch nicht zuschnappen, ohne vorher wenigstens gemurrt zu haben, so fackeln sie doch nicht lange, und was sie einmal zwischen den Zähnen haben, kann sich nicht selbst befreien. Auch bei Tage verbellen sie jeden sich Nahenden meist schon von weitem und mit lästiger Ausdauer. Hat man sie in einem Bergdorf oder auf einer Almhütte zu mehreren in naher Nachbarschaft, so kann einem ihre Redseligkeit gelegentlich lästig werden besonders wenn sie einem selbst gilt und die Hunde den nur wenige Tage dort hausenden Fremden nicht als 'gleichberechtigt' anerkannt haben. Es gehört aber doch dazu, jedenfalls wenn sie in ihrer Heimat im Dienst sind, so lange zu melden, bis die gemeldete Störung aufgehoben ist. Bei uns zu Lande kann man diese Hunde bei ihrer Klugheit allmählich dahin bringen, dass sie nicht alles melden, was sie sehen, sondern nur das, was ihren Dienst betrifft."

Bauernhochzeit
Foto: von Gabi Hahlweg

Der Name

Der Name, so einige Wissenschaftler, gehe zurück auf die alten Hunde der Sumerer und damit wäre die Rasse so an die 5000 Jahre alt. Sie stützen dies ganz wesentlich auf Veröffentlichungen des ungarischen Sumerologen Dr. Sandor Palfavy, der glaubt, den Namen "Komondor" in sumerischen Keilschriften entdeckt zu haben.

Quellen sollen eine ganze Reihe von Tontäfelchen sein, die man nahe der Stadt Ur in Mesopotamien bei Ausgrabungen fand. Auf diesen befanden sich neben Abbildungen eines großen zotthaarigen Hundes auch Schriftzeichen, die Palfavy als KU-MUND-UR entschlüsselt haben will. Dieser Name erscheint im Zusammenhang mit anderen Tieren (Pferde, Rinder und Schafe), die einer wohlhabenden Familie gehört haben sollen. KU bedeutet demnach Hund, MUND Befehl und UR Herr und in der Zusammensetzung dann "den Herrn verehrenden Hund".

Diese Theorie ist sehr umstritten, denn andere Quellen übersetzen diese Tontäfelchen ganz anders. Dies wurde bereits in der Beschreibung des Kuvasz erwähnt. Daher leitet L. Rasoni-Nagy das Wort "Komondor" aus dem Türkischen her, und zwar aus Kumandur = zu den Kumanen gehörig. Davon später mehr im Kapitel Geschichte.

 

Foto: Birgit Meyer

Auch Erna Mohr greift die verschiedenen Möglichkeiten der Namensgebung auf. Sie schreibt:

"Über die Herkunft des Namens Komondor zitiert Anghi eine ganze Anzahl von Autoren. Einige leiten ihn ab vom französischen 'commondeur' oder 'commandeur' oder vom italienischen 'cane commodore' bzw. nehmen an, es könnte das italienische Wort 'Commendatore' in Komondor umgewandelt sein, was einen Hund von gebieterischer Erscheinung bedeuten solle. Anghi schließt dann aber doch: 'Nach den Ableitungen von fremder Herkunft glaube ich aber keiner schlechten Spur zu folgen, wenn ich, mich auf Szinnyey stützend, die Herkunft des Wortes Komondor auf ungarische Quellen zurückzuführen versuche. Laut Szinnyey bedeutet der Ausdruck »Komondar kedvü« (= Komondor - Stimmung) soviel wie düster, mürrisch oder zorniger Laune sein. Es ist demnach nicht ganz unmöglich, dass aus dem Wort »komor« (= düster) das Wort Komondor entstand. Nebenbei bemerkt, passt die Charakterisierung komor = düster wirklich auf den Komondor.' Mir will allerdings scheinen, dass dieser Ausdruck sich höchstens auf den ersten äußeren Eindruck beziehen kann."

Und weiter:

"Dr. Z. BaIassy, Budapest, schreibt mir zum Thema: ,'896 Landnahme im Karpatenbecken. Das finnisch-ugrische Volk vermischte sich mit dem türkischen. Außerdem kamen mit den Ungarn auch Volkselemente ogur-türkischer und iranischer Herkunft hinzu. Einer dieser Stämme war der der Kabar. So kamen viele türkische Ausdrücke in die ungarische Sprache. Die Ausdrücke der Hirten sind meistens türkischer Herkunft. Das Wort Komondor ist nach L. Rasoni-Nagy (1931) und D. Pais (1934) auch türkischer Herkunft und entstand aus Kuman-dur = zu den Kumanen gehörend. Vor dem Ansiedeln der Kumanen wohnten sie bei den Karpaten, und dort, im jetzigen Rumänien, gibt es Orts- und Bergnamen, in denen man den Wortstamm Komondor findet (z. B. Comondorescu usw.)'"

Alle Versuche, den Namen zu erklären, zeigen, es ist nicht überall Wissenschaft drin, wo Wissenschaft draufsteht und daher ist es heute sehr schwer, den wahren Ursprung des Namens Komondor zu finden. Vielleicht klingt die Begründung, er sei entstanden durch die Kumanen, am logischsten.

Mal schauen, woher man stammt
Foto: Kuvasz - Vereinigung -Deutschland e.V

Herkunft

Auch der Komondor soll aus den Steppen Asiens stammen und damit wäre wieder die Verbindung zu den Hunden Centralasiens hergestellt. Diese Abstammung sagt man aber auch dem Kuvasz nach. Würde sie stimmen, wäre über diese "Schiene" die enge Verwandtschaft der beiden Rasse erwiesen.

Allerdings glaube ich, dass die Vermutung mit den Steppen zwar richtig ist, aber es müssen ja nicht unbedingt die asiatischen sein. Mindestens bis zum Alter von ca. 1,5 Jahren ist der Komondor nämlich nur sehr schwer von einem südrussischen Owtscharka zu unterscheiden. Und dieser Südrusse kommt auch aus den Steppen der Ukraine. Daher wäre es gut möglich, dass diese beiden Rassen verwandt sind.

Die Begründung, der Komondor stamme aus asiatischen Steppen, leuchtet mir auch deswegen nicht so richtig ein, weil die Autoren/innen dies damit begründen, dass diese Rasse dank ihres Felles und der Haarstruktur nur in der Lage war, die Temperaturen zwischen 40 Grad Celsius im Sommer und im Winter Minus 30 - 40 Grad Minus zu überstehen. Besser für dieses Klima ist sicher ein Hund, der im Sommer "nackt" ist und nicht ein derart dichtes und langes Fell hat, selbst wenn es aushaaren würde. Und stimmte diese Theorie, wären alle anderen Rassen aus dem asiatischen Raum nicht wetterfest genug.

Daher ist in meinen Augen zwischen den Hunden Centralasiens und dem Komondor noch eine Zwischenstufe "eingebaut". Dazu kommt, dass die Rassen Südrussen, Komondor und Mioritic einmalig in der gesamten Hirtenhundewelt sind, was ihre äußere Erscheinung angeht, außer den Hütehunden und da gibt es dann wieder "verwandtschaftliche Bande".

Nun ist es alleine vom Alter her nicht möglich, dass der Komondor ein "Abkömmling" des Südrussen ist, denn dieser wird erst seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts erwähnt. Aber bereits vorher hat es auf der Krim und in den Steppen der Ukraine und den angrenzenden Ländern, z. B. den Karpaten, Hirtenhunde gegeben, die mit den späteren Südrussen vergleichbar sind, bzw. von denen diese auch abstammen, was die Größe und vielleicht auch die Felllänge angeht. All diese Rassen oder Schläge sind verschwunden, oder besser, sind in den heutigen Hirtenhunderassen aufgegangen, aber sie können durchaus mit eben diesem Haarkleid ausgestattet gewesen sein. Dazu kommt, dass eben auch der Mioritic von der Optik sehr gut zu den beiden Rassen Komondor und Südrusse passt. Über ihn wurde aber in der Geschichte immer wieder berichtet, unter anderem auch wegen seinem Aussehen. Wenn es dann stimmt, dass die Hirtenhunde Europa von Griechenland aus erobert haben, wird es wohl vor den ungarischen Hirtenhunden bereits solche im heutigen Rumänien gegeben haben. Und dann wäre der Komondor sicher mit dem Mioritic verwandt. Denn die meisten Autoren/innen vermuten ja, dass die ungarischen Hirtenhunde aus den Karpaten eingewandert sind.

Bundi
Foto: Timea Kovacs

In der Geschichte des Komondor und auch des Kuvasz ist immer wieder zu finden, diese beiden Rassen seien einem starken Einfluss durch die türkische Herrschaft auf dem Balkan und der Donauländer ausgesetzt gewesen. Das kann stimmen, aber ich frage mich, warum dann in diesem "Einflussgebiet" nie ein Haarkleid, wie das des Komondor oder Südrussen aufgetaucht ist. Wäre das der Fall gewesen, müssten Quellen zu finden sein. Mindestens ich kann mir nicht vorstellen, dass eine derartig außergewöhnliche Erscheinung nirgends Aufsehen erregt hätte. Denn seitdem der Komondor im heutigen Ungarn lebt, erregte diese "Frisur" ja auch entsprechende Aufmerksamkeit.

Auch über die weiße Farbe lässt sich die Herkunft nicht bestimmen, denn weiße Hirtenhunde gibt es in allen Teilen der Welt. Betrachtet man diese Faktoren, war bis zum Einzug der beiden Rassen Kuvasz und Komondor im heutigen Ungarn zwar bestimmt eine Verwandtschaft vorhanden, aber diese vertiefte sich erst dort. Bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts aber war sie sehr eng. Siehe dazu auch das Kapitel "Zucht in Deutschland" der Rassebeschreibung des Kuvasz.

Foto: von Gabi Hahlweg

Geschichte

Angenommen, die Herkunft des Komondor ist zurückzuführen auf die Kumanen, so gäbe es diese Rasse schon sehr lange. Denn im 10. bis 13. Jahrhundert wanderte dieses Volk aus dem Gebiet des heutigen China unter dem Druck der Mongolen westwärts und bekam im Jahre 1239 Asyl im heutigen Ungarn unter König Bela IV.

Die Kumanen verschmolzen im Laufe der Jahrhunderte mit den Magyaren, aber ihre Hirtenhunde haben sich erhalten. Parallel dazu war der Hirtenhund der Magyaren der Kuvasz, ist in einigen Quellen zu lesen. Ob das stimmt, ist nicht mehr sicher nachprüfbar.

Falsch ist in diesen Quellen sicher die Annahme, beide Rassen hätten sich rein erhalten, weil die Hunde bei den verschiedenen Völkern entstanden und dadurch getrennt gehalten worden. Falsch sicher deswegen, weil die Nomaden und Hirten der damaligen Zeit bereits ihre Wanderungen unternahmen. Aber wenigstens in einem kann diese Theorie richtig sein, denn der Komondor stammt vermutlich aus dem ursprünglichen Siedlungsgebiet der Kumanen, nämlich dem Gebiet zwischen Donau und Theiß und damit wäre die räumliche Nähe zum rumänischen Mioritic hergestellt. Relativ rein erhalten haben sich die beiden Rassen sicher nur wegen ihrer Arbeitsfähigkeit, denn jede Gruppe von Hirten schwörte auf ihre Hunde.

Vom Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert finden sich immer wieder Aufzeichnungen, die sich auf den Komondor beziehen. So soll 1544 Peter Kakony in seinem Werk über den König Astiagis den Komondor erwähnt haben. 1514 wurde er im Debrecen Codex erwähnt und ca. 1673 schrieb der tschechische Humanist Jan Amos-Komensky, besser bekannt unter dem latinisierten Namen Amos Comenius, "Komondore hüten die Rinderherde". 1778 sind bei Michael Klein Hinweise auf die Hunde zu finden, er schreibt über "Bullenbeißer" und weiße, zotthaarige Hunde in der Gegend von Raba, die die Herden vor Wölfen beschützen. Erna Mohr schreibt:

"Die Benennung Komondor treffen wir zuerst in dem "Astiagis kiraly" betitelten Werke des Peter Kcikonyi 1544: »A komondor addig ugatva követe« (Der Komondor folgte ihm derweil bellend)".

Quelle: Kuvasz - Vereinigung -Deutschland e.V

1815 erscheint das Werk "Naturgeschichte und Gewerbewissenschaft" von Ferenc Pethe. Auch darin beschreibt der Autor den Komondor als "einen Anführer unter den Hunden". Darin ist zum ersten Mal enthalten eine Beschreibung und eine Zeichnung.

Anderen Quellen zufolge soll der Komondor im 9. Jahrhundert nach Ungarn gekommen sein, aber zusammen mit den Magyaren, einem Steppenvolk.

Immer noch zu finden ist die Abstammung der Komondor von den alten Tibet Doggen, also dem Do-khyi und den Molossern. Darauf möchte ich nicht mehr näher eingehen, denn ich habe bereits in der Geschichte der Hirtenhunde darauf aufmerksam gemacht, dass diese Annahme sicher nicht stimmt. Gerade die Molosser könnten höchstens die Nachfahren der großen Hirtenhunde sein.

Ursprüngliche Haltung

Die Völker im heutigen Ungarn und den angrenzenden Ländern waren Nomaden, die ihre Herden von einer Weide zur anderen trieben. Ohne wehrhafte Hunde war eine solche Art der Viehhaltung nicht möglich. Denn die zahlreichen "Raubtiere" waren einem schmackhaften "Sonntagsbraten" nicht abgeneigt. Wölfe, Luchse und Bären, aber auch Greifvögel waren die häufigsten Beutegreifer. Die ungarischen Hirtenhunde wurden ohne systematische Zuchtauswahl von den Hirten gezüchtet, allerdings sehr oft in einer relativen Reinzucht. Schwächere Tiere, die sich im Gebrauch nicht bewährten, wurden ausgemerzt, also ein Opfer von Beutegreifern oder die Hirten töteten sie.

Foto: Edina Kapuvary

Aus dieser Zeit hat sich bis heute der geradezu legendäre Ruf aller Hirtenhunderassen und damit auch des Komondor hinüber gerettet. Was durch übertriebene Überlieferungen erhalten geblieben ist, spottet jeder Beschreibung. Da werden die Herden und Familien von besonders wilden, tapferen und zähen Hunden beschützt. Die Hunde verteidigen "ihr" Eigentum auch mit ihrem Leben und ähnliches. Ebenfalls ein Blödsinn, den man ausgerechnet in den Beschreibungen des Komondor sehr oft findet, ist die Mär, von dem Pärchen, das die Hirten angeblich gehalten haben sollen und das eine ganze Herde beschützte. Die Geschichte findet man allerdings auch bei dem Autor Th. Achim Schoke, der dann schreibt, die Hirtenhunde Rumäniens seien derart aggressiv, dass an einer Herde nur jeweils ein Hund gehalten werden konnte.

Daher sei richtig gestellt, ein Hirtenhund beschützt alles, was er durch eine Sozialisation kennt. Und wenn er einen sehr sehr seltenen Kampf mit einem Beutegreifer bestehen muss, überlegt er natürlich nicht lange, wie weit er gehen soll. Daher kommt es auch eher selten mal vor, dass ein Hund dabei stirbt. Nur rechtfertigt das noch lange nicht, aus ihm einen "Helden" zu machen. Lediglich in Bezug auf die Zähigkeit kann den Autoren recht gegeben werden, denn die Hunde sahen oft nie in ihrem Leben ein Dach über dem Kopf, sie bekamen ihre Welpen im Freien und einziger Schutz war nur ihr Fell. Richtiger liegen daher alle Beschreibungen von Hirtenhunden, in denen steht, dass diese mit einer ganzen Menge Drohgebärden und Gebelle alles auf Distanz hielten und der Angriff nur die letzte Möglichkeit darstellte. Auch dies wurde ausführlich in der Geschichte der Hirtenhunde beschrieben. Denn ohne diese sehr hohe Reizschwelle wäre ein Überleben nicht möglich gewesen.

Ziehbrunnen
Foto: von Gabi Hahlweg

In einer Beschreibung der ungarischen Hirtenhunde las ich, den Tagdienst versah der Puli und die Nachtschicht übernahm der Hirtenhund, also Komondor oder Kuvasz. Dies ist halb richtig und halb falsch. Da während der Dunkelheit die Herden ruhig standen, oder sogar in einigen Ländern eingepfercht wurden, hatte der kleinere Puli und die anderen Hütehunde "Sendepause". Insoweit ist das mit der Tagschicht schon richtig. Aber die Hirtenhunde hatten eigentlich immer "Schicht". Nur nahmen sie diese aufgrund ihrer Erfahrungen am Tage nicht so ernst. Das die meisten Beutegreifer im Schutz der Dämmerung angreifen, blieb natürlich einem Hirtenhund nicht verborgen. Hätten die Beutegreifer aber ihre Gewohnheiten geändert, wäre nicht die Mär vom "nachtaktiven Herdenschutzhund" entstanden, wie wir sie auch heute immer noch finden. Das dies eigentlich ein Blödsinn ist, kann man daran erkennen, dass eine wandernde Herde auch im strahlenden Sonnenschein von den Hirtenhunden nie aus den Augen gelassen wird und bestens bewacht ist. Auch über diesen "Wachdienst" am Tage gibt es Literatur, nur gelesen haben diese einige offensichtlich nicht.

Vom Hirtenhund zum Wachhund

Nachdem die beiden ungarischen Hirtenhunderassen Jahrhunderte lang ihren Dienst als Wächter der Herden versehen hatten, änderte sich dieses Bild mit der Urbanmachung. So etwa um 1850, also kurz vor Beginn der berühmten Gründerzeit änderten sich die bis dahin bestehenden Verhältnisse. Flüsse wurden reguliert, Sümpfe trocken gelegt und die Hutweiden in Ackerland umgewandelt. Man begann, Steppenweiden zu kultivieren und damit verschwanden immer mehr die Hirten von der Bildfläche. Mit ihnen die Hirtenhunde, bzw. diese wurden arbeitslos. Aus alter Tradition wurden zwar weiter Hunde gehalten, aber man benötigte sie nicht mehr wie bisher und vor allem weniger, denn auch die Zahl der Beutegreifer nahm immer stärker ab.

Foto: Edina Kapuvary

Eigentlich hätte es ihnen gehen können, wie z. B. den alten Fahrzeugen und Maschinen der Bauern, abgelöst durch modernere Geräte und nicht mehr benötigt, stehen heute viele dieser "Fossilen" in Museen. Anders bei den Hirtenhunden der Ungarn. Ihr Wachtrieb und ihre Wetterfestigkeit retteten ihr Überleben. Sie kamen in die Dörfer und bewachten dort leider als Kettenhunde die Gehöfte und Häuser. Bis allerdings einige Liebhaber und vor allem Kynologen den Komondor sozusagen wieder entdeckten, verging eine längere Zeit und der Bestand an Hunden war rapide geschmolzen.

Die "Arbeitsweise"

Alf
Foto: Yvonne Wolf

Auch eine der etwas tolleren Geschichten, die damit die überragende Arbeit der Hirtenhunde herausstellen, ist die Arbeit der Hunde und ihre zusätzliche Tarnung durch Fellbeschaffenheit und Farbe.

Zwar ist es richtig, dass der Komondor durch sein außergewöhnliches Fell und die zottelartige Behaarung einen besonderen Schutz vor seinen natürlichen "Feinden" und den Unbilden des Wetters hat, aber bereits bei der Farbe "weiß" als Tarnung begeben wir uns wieder einmal in das Reich der Spekulationen. Bei den Hirtenhunden Kleinasiens ist in unserer Seite das Bild eines schneeweißen Akbash zu sehen, der inmitten einer Schafherde nicht getarnt, sondern am auffälligsten den Mittelpunkt dieses Bildes darstellt. Warum also sollte man weiße Hirtenhunde gezüchtet haben, wenn es zeitweise gar keine weißen Schafe gab, oder wenigstens nur eine kleine Minderheit. Wer dieser Logik folgt, muss dann auch feststellen, dass alle anderen Hirtenhunderassen dieser Welt ungeeignet sind. Ein Türke erklärte es mir mal so, im Westen der Türkei war Akbash Land, weil die weißen Hunde mit dem Klima besser zurande kamen, als die grauen und beigen Kangale. Diese Erklärung ist wesentlich einleuchtender, als die "Tarntheorie". Des Weiteren wäre es denkbar, dass diese Farbe eben eine Laune der Natur war. Einmal da gewesen, haben die Hirten und Nomaden solche Farben nur dann weitergezüchtet, wenn die Hunde gute Arbeit geleistet haben. So könnte auch die Farbe der beiden ungarischen Hirtenhunde Kuvasz und Komondor entstanden sein.

Der Schnee ist schon weiß, aber der Hund?
Foto: Yvonne Wolf

Interessanterweise hat sich der Komondor auch außerhalb seines Ursprungslandes als Arbeitshund sehr gut bewährt. So wurde er immer wieder im Rahmen von "Herdenschutzprogrammen" in den USA eingesetzt, sehr zur Zufriedenheit der amerikanischen Farmer und sicher sehr zur Unzufriedenheit der Beutegreifer, die so etwas bisher nicht gekannt haben.

Hinsichtlich der Arbeitsweise ist immer wieder in Quellen zu lesen, die Hunde lägen völlig unsichtbar für Angreifer sehr oft inmitten der Herden und so mancher Wolf sei völlig überrascht gewesen, dass ein schafsähnlicher Hund auf einmal aufgetaucht ist. Schöne Geschichte, aber auch eine Lagerfeuergeschichte, denn Wölfe und andere Beutegreifer verlassen sich auf ihre gute Nase und ihre Erfahrung, und die sagt, es riecht nach Hund, also sind welche da und im übrigen gibt es bei Schafen oder anderen Weidetieren immer Hunde, warum sollte es dann hier anders sein. Das wissen auch die Hunde und deswegen liegen sie tagsüber immer da, wo es ihnen an übersichtlichsten erscheint und nachts liegen sie rund um die Herden verteilt an ebenfalls strategisch guten Punkten.

Daher noch mal: Da auch der Komondor ein strategisch defensiver Hund ist, besteht seine Taktik darin, mit einer Mordsdrohkulisse und lautstarkem Gebelle alle unerwünschten Lebewesen in die Flucht zu schlagen und sie von einem Angriff auf die Herde abzuhalten. Diese Taktik macht ihn wie die anderen Hirtenhunderassen als Familienhund geeignet. Und mit dieser Art ist er auch erst geeignet, in menschlichen Siedlungen zu leben. Auch dieses Verhalten kann man bei Erna Mohr nachlesen und dafür die reichlich daneben liegenden Beschreibungen der anderen Autoren/innen weglassen.

Fruschka
Foto:
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Auch der Komondor ist kein Herdenschutzhund. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Hirtenhunden hatte er auch immer wieder Hütehundaufgaben. Das heißt, er wurde nicht nur zum Schutz der Herden eingesetzt, sondern auch als Hütehund immer dann, wenn die kleinen und wendigen Hütehunde an ihre Grenzen stießen. So schreibt Erna Mohr:

"... Von ihnen ist der Puli am bekanntesten und zweifellos auch von uralter Herkunft. Nach der großen Ähnlichkeit mit Tibet- und Lhasa- Terrier kann man annehmen, dass auch der Puli aus Asien stammt und von dort nach Ungarn eingebracht wurde. Schwieriger ist die Frage, wozu denn dieser Hundeschlag verwendet wurde, bevor im 18. Jahrhundert das Merinoschaf ins Land kam, denn das alte einheimische Zackelschaf widersetzt sich ihm und lässt sich nicht von ihm treiben.

Das Zackelschaf respektiert außer dem Hirten nur den Komondor. Vermutlich diente der Puli damals zum Zusammentreiben von Rindern und Schweinen."

Foto: www.sportpension-wagner.de

Zucht in Ungarn

Es wurde schon von mir beschrieben, mit dem Verschwinden der großen Herden und der Urbanmachung der Ebenen wurden auch die Hirten- und Hütehunde in Ungarn mehr oder weniger arbeitslos. Aber es gab für alle fünf Rassen Liebhaber und Enthusiasten im Lande, die mit viel Einsatz und Begeisterung das Überleben sicherten.

Einige begeisterte Hobbyzüchter sorgten dafür, dass die Hunde überlebten, so z. B. Siegmann und Kovasznay sen. Er züchtete seit 1841 Komondore in Üllö auf seinem Besitz bei Budapest. Anscheinend stammt die Hauptmenge der Komondore dorther, wenn auch die Aufzeichnungen darüber fehlen, oder mir nicht bekannt sind.

Im Jahr 1924 gründeten einige "Komondorverrückte" den ungarischen Komondorclub, er war der erste Rassehundeclub im Land. Ebenfalls in dieser Zeit wurde der erste Standard von Csaba Anghi, Universitätsprofessor und ehemaliger Oberdirektor des Budapester Zoologischen Gartens, verfasst. Einer der wichtigsten Pionierzüchter der damaligen Zeit war der Direktor des Budapester Zoos, Adolf Lendl (Zuchtstätte "Allatkerti"). Allerdings gab es bereits seit 1899 ein Zuchtbuch für den Komondor.

Foto: Birgit Meyer

Seit 1930 erst ist es üblich und im Standard festgehalten, auch der Komondor ist ein weißer Hirtenhund. Denn vor dieser Zeit wurden im ungarischen Zuchtbuch immer wieder andersfarbige Hunde eingetragen. Woher diese andersfarbigen Hunde kamen, ist schwer zu ermitteln. Zu vermuten ist allerdings, dass durch Einkreuzungen anderer Rassen diese Abweichungen entstanden sind. Dazu schreibt Erna Mohr:

"Von den Begründern des MET (Ungarisches Zuchtbuch) wurde Anfang der zwanziger (1924) Jahre Dr. Raitsits abtrünnig und legte, ohne einen Verband hinter sich zu haben, ein eigenes Zuchtbuch auf, das später, nach Gründung eines Gegenklubs mit der Abkürzung MKT firmierte. Dr. Raitsits hatte einen nicht unerheblichen Zulauf, da er als Tierarzt des Budapester Zoos und Angehöriger der Tierärztlichen Hochschule Budapest einen gewissen öffentlichen Einfluss hatte. Die FCI aber anerkannte Raitsits' MKT nicht, sondern nur das alte MET, das 1899 gegründet wurde.

Raitsits' Klub war weitherzig, und um möglichst viele Züchter und Hunde hinter sich zu bringen, wurden nicht nur mehrere Größenstufen beim Puli geschaffen vom Zwergpuli bis zum "Polizeipuli" von fast Komondorgröße, sondern auch weitere Farben zugelassen, namentlich Braun und Weiß.

Für Nichtungarn sind diese ganzen Verhältnisse und ihre Konsequenzen nur schwer zu übersehen. Namentlich war es lange unklar, welchen Wert die Abstammungspapiere hatten, da Raitsits' Name für die meisten unverdächtig schien. Aber sein MKT nahm auch Tiere unbekannter Herkunft auf, während MET Nachweis von 4 bis 5 Ahnengenerationen verlangte. Soweit Ungarn!"

Hier ist wieder einmal ein Hinweis darauf zu finden, dass man es in den Anfängen der beiden ungarischen Hirtenhunderassen nicht so genau nahm. Die Gründe waren vielfältig. Bei den Hirten spielte sicher nur die Arbeitsfähigkeit eine Rolle, bei den Züchtern auch persönliche Befindlichkeiten. Unter anderem sind so auch die unterschiedlichen Farben oder Farbabweichungen zu erklären. Im ersten Komondor Zuchtbuch wurden von 204 Hunden nur 131 als reinweiß bezeichnet.

Nach dem Niedergang der ungarischen Hirtenhunde erholte sich damals der Bestand und so findet man 1935 neben 1700 Kuvasz, 992 Pulis und 293 Pumis, bereits 972 Komodorok.

Auf "Abwegen" in der hohen Tatra, also wieder Nomaden
Foto: Peter Ihde

Die Weltkriege

Sowohl der Erste, wie auch der Zweite Weltkrieg hatten für die Zucht der ungarischen Hirtenhunde verheerende Folgen. Unter anderem ging ein Teil der Zucht dadurch verloren, dass die alte Donaumonarchie Gebiete abtreten musste und im 2. Weltkrieg wurden die Hunde fast ausgerottet. Einige Züchter in Ungarn sprachen davon, dass die Zucht mit ca. 20 Hunden neu aufgebaut wurde. Heute hat sich der Bestand des Komondor erholt und die Rasse gilt als gesichert. So waren 1960 etwa 1000 Hunde registriert und in den 70er Jahren fielen an die 350 Welpen pro Jahr. Und heute dürfte die Anzahl der registrierten Hunde bei mehr als 2000 Tieren liegen.

Foto: www.sportpension-wagner.de

Verbreitung in andere Länder

Anfang des letzten Jahrhunderts gelangten bereits Komondorok in eine Reihe von europäischen Länder und in die USA, geschätzt wird der Bestand an Hunden weltweit auf über 5000. Valeria Slembrouck schreibt:

"Bereits Anfang der vergangenen Jahrhunderts gelangten die ersten Komondore in die USA wie in andere europäische Länder, unter anderem nach Deutschland und Österreich.

Europäische Fürstenhäuser entdeckten und schätzten ihre Wach- und Schutzeigenschaften. So hielt z. B. Kaiser Wilhelm II. in seinem Schloss in Doorn Komondore, und auch im Hause Thurn und Taxis wurden nach dem Zweiten Weltkrieg Komondore gehalten und sogar gezüchtet. 1922 gründete D. W. Mut den deutschen "Komondor-Klub", der bis heute als "Klub für Ungarische Hirtenhunde e. V." weiter besteht ...

... In den sechziger und siebziger Jahren gelangten Komondore aus Ungarn in größerer Zahl ins Ausland, darunter auch nach Übersee. Heute ist die Rasse, wenngleich rar, in zahlreichen Ländern vertreten, so unter anderem in Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich und Israel ... um nur einige europäische Länder zu nennen. Selbst in Australien leben einige Exemplare. Die bedeutendsten Zuchten befinden sich ... neben dem Mutterland Ungarn, wo der Komondor momentan wieder auf dem Vormarsch ist und den Kuvasz überrundet hat - in den USA."

So "mürrisch" ist der doch gar nicht ...
Foto: Edina Kapuvary

Zucht in Deutschland

Im Jahre 1922 wurde in Deutschland der heutige Club für ungarische Hirtenhunde gegründet, damals unter dem Namen "Komondor-Klub. Der erste Vorsitzende war der Kuvasz-Züchter und Schriftsteller D. W. Mut aus Gauting bei München. 1924 erschien das erste Zuchtbuch, dass 1929 in einer verbesserten Neuauflage herausgegeben wurde. Mut züchtete übrigens vorher Bordeaux-Doggen.

Während im Ursprungsland Ungarn viele Jahre auf die Reinrassigkeit nicht so großer Wert gelegt wurde, weil hier eben das Motto galt, Arbeitsleistung und Einsatzfähigkeit geht vor, kam es auch in Deutschland immer wieder zu Mischungen der beiden Rassen Komondor und Kuvasz. Diese beruhten aber darauf, dass es einerseits immer wieder zu Verwechselungen kam, andererseits aber auch bewusst gemischt wurde, um die Population zu vergrößern und wohl auch zu verbessern, aber auch aus persönlichen Befindlichkeiten. Diese wurden im Portrait des Kuvasz schon beschrieben. Mit zunehmender Verschärfung des Standards wurde dies aber im Laufe der Jahre unmöglich, bzw. wurde von den Züchtern unterlassen.

Aber es gab auch damals schon genug Kenner der Rassen und die waren durchaus in der Lage, die Hunde zu unterscheiden. Erna Mohr schreibt:

"Treitschke (1841) war der erste, der den 'zottigen' (langhaarigen) ungarischen Hirtenhund (Canis familiaris var. villosus), das heißt den Komondor, schon von dem 'struppigen' ungarischen Hirtenhund (Canis familiaris domesticus pannonicus), das heißt dem Kuvasz unterscheidet. Später spricht Hanak (1846) nur von 'ungarischen Komondoren', doch versteht er darunter den heutigen Kuvasz. Fitzinger (1867) bezeichnete den Komondor als 'seidenhaarigen Wolfshund' (Canis domesticus luparius hirsutus), den Kuvasz dagegen als den 'ungarischen Wolfshund', doch war sein 'Wolfskuvasz' nicht weiß, sondern der Gestalt nach als auch der Farbe nach (schwarz, graurötlich, braungrau) mehr oder weniger dem Wolfe ähnlich."

Erna Mohr meinte daher:

"Noch während des ersten Weltkrieges war es ungefähr so, daß man den Kuvasz sah und kannte, ihm aber den Namen 'Komondor' beilegte. ... Mut berichtet darüber 1924 im 1. Bande des für Kuvasz und Komondor noch gemeinsam angelegten Zuchtbuches".

Warten auf einer Ausstellung
Foto: Edina Kapuvary

Und an anderer Stelle:

"Bei uns in Deutschland war bisher der eigentliche Komondor, nämlich der langzottige nicht bekannt, und wo er gezeigt wurde, zählte man ihn zu den undefinierbaren Rassen oder zu den russischen Schäferhunden. Dagegen war der ebenfalls in Ungarn heimische Kuvasz, ein langschlichthaariger Hund, vielfach in gleicher Größe wie der Komondor, in unseren Ländern besser bekannt, weil er von geschäftstüchtigen ungarischen Grenzbewohnern - eigens für unsern verwöhnten Geschmack gezüchtet - als 'Komondor' uns zugeführt wurde. So kam es denn, dass unsere Kynologen nur den Kuvasz kannten und ihn als eigentlichen und wirklichen Komondor ansprachen und auch zu züchten versuchten.

Selbst der große Kynologe Strebel (1905) warf die Rassen noch zusammen, bildet den Kuvasz ab und nennt ihn Komondor. ... Mut fährt fort: 'Während in Ungarn viele Kynologen behaupten, der Kuvasz sei mit dem Komondor als Rasse identisch, nur der Pelz bzw. die Behaarung bilde einen Unterschied, stellen die Hirten der Pußta die These auf: Der Hund mit dem langen zotthaarigen Pelz, dem wilden und abgehärteten Aussehen ist der einzige und wahre Komondor, dagegen ist jener Hund mit dem schlichten oder gewellten Pelz der Kuvasz, der durch Kreuzung des Komondors mit den eigenen heimischen Hunden entstanden ist. Das allein beweise der Name Kuvasz (auf deutsch Bastard).'"

Obwohl es bereits zu dieser Zeit eine ganze Reihe von Züchtern gab, die sich um den Kuvasz bemühten, fasste gegen Ende des 19. Jahrhunderts (1895) noch der Kynologe und Tiermaler Ludwig Beckmann beide Rassen zusammen und nannte diese Hunde dann "Bundasch", denn der Name Kuvasz oder Komondor ist ihm nicht geläufig. Gesehen hat er diese Hunde auf der ersten Wiener Hundeausstellung 1883.

Auch heute noch geistert dieser Bundasch immer dann durch die angebliche "Fachliteratur", wenn sich Autoren/innen profilieren wollen. So beschreibt z. B. Petra Krivy in ihrem Buch den Bundasch als eigenständige Rasse und zeigt das Bild eines stehohrigen und weißen "Herdenschutzhundes". Das ist doppelter Blödsinn, denn erstens gab es in Ungarn nie Herdenschutzhunde und zweitens schon gar keine stehohrigen. Daher handelt es sich bei diesem Hund um einen Mischling. Hätte sich die Autorin mal die Mühe gemacht, genauer nachzulesen, wäre sie vielleicht drauf gekommen, woher er stammen könnte.

Puli-Welpen
Foto:
www.sportpension-wagner.de

Zum Beispiel Erna Mohr schreibt, dass in Ungarn immer wieder Komondor und Hütehunde, insbesondere Puli miteinander gekreuzt wurden. Daher ist dieser Bundasch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ein Hütehund-Komondor-Mix. Allerdings stellt sich dann die Frage, woher die Steh- oder leichten Kippohren kommen, die dieses Bundaschfoto zeigt. Auch zur Aufklärung dieser Frage findet man bei Erna Mohr genug Hinweise. Grob vereinfacht ist sie nämlich der Meinung, alle Hütehunde Ungarns sind auch miteinander verkreuzt worden, also Puli, Mudi, und Pumi. Dazu kamen z. B. Terrier-Typen, die sich nicht genau bestimmen lassen, sowie deutsche und französische Hirtenhunde mit stehenden Ohren.

Über den Pumi habe ich bei ihr das folgende Zitat gefunden:

"Die Bezeichnung 'Pumi' ist im Ursprungsland Ungarn 1801 zuerst nachzuweisen, aber erst 1923 erschien die Rasse auf einer Ausstellung ... Der Pumi ist unseres Wissens das Kreuzungsergebnis des Pulis mit kleinwüchsigen (aber nicht Zwergen!) deutschen und französischen Hirtenhunden mit stehenden Ohren. Lovassy und Raitsits klassifizierten ihn auf Grund der dem Puli gegenüber bestehenden phäno- und genotypischen Unterschiede als einen Schlag des Pulis. Diese Ansicht teilen heute alle ungarischen Kynologen. 'In diesem Sinne ist der Pumi auch in die allgemeine Zucht eingeführt', so schreibt Anghi. Welche stehohrige Rasse bei der Erschaffung des Pumi aus dem Puli mitgewirkt hat, ist heute nicht mehr festzustellen. Es wird angenommen, dass diese fremden Stammeltern von 1760 an mit Merinoherden aus Frankreich und Deutschland nach Ungarn kamen und Schäferspitze und stehohrige Chiens de Brie gewesen sind. Heute führt man den Pumi längst als selbständige Rasse."

Mudi
Foto: Ingrid Weininger

Und der Vollständigkeit halber sei auch noch ihre Einstufung des Mudis zitiert, denn auch hier weist sie darauf hin, dass es eine strenge Unterscheidung zwischen Hirten- und Hütehunden lange Zeit nicht gegeben hat:

"Verwendung: Ein mittelgroßer Hirtenhund von regem Temperament ... Die Rasse entstand Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts spontan aus den ungarischen Hirtenhundrassen. Von den Hirten waren diese Hunde sehr geschätzt, hauptsächlich im Dienste am Großvieh, da sie mutig und scharf sind, gelehrig, verwendbar als Rattenvertilger, Saupacker, wachsam als Hüte- und Wachhunde."

So hat eben jeder Autor sein Steckenpferd, oder seinen Beweis für besonderes Fachwissen. Bei Schoke ist es der Liptak, bei Krivy der Bundasch, wobei der in meinen Augen der größere Blödsinn ist.

Erna Mohr schreibt über die anfängliche Komondor-Zucht:

"1901 erschien in Zahna ein 288 Seiten starkes Büchlein von Carl Zorn 'Des edlen Hundes Aufzucht, Pflege, Dressur und Behandlung seiner Krankheiten', Selbstverlag der Firma 'Caesar und Minka' in Zahna. Diese längst nicht mehr bestehende Firma war mir seit Jahrzehnten wohlbekannt, stammten doch dorther die mir sehr vertrauten Ausgangshunde der Warschauer Komondorzucht."

Historisches Foto
Quelle: Internet

Und weiter über die die Vermischungen der beiden Rassen Komondor und Kuvasz:

"Unser Klub wurde 1922 unter dem Namen 'Komondor-Klub' gegründet. Ein erstes Zuchtbuch war bereits 1924 erschienen, doch waren darin Komondor und Kuvasz nicht streng getrennt. Es muss hier daran erinnert werden, dass vor einem halben Jahrhundert die wenigsten Hundefreunde sich darüber klar waren, dass Komondor und Kuvasz zwei verschiedene, gut charakterisierte selbständige Rassen sind. Offenbar waren die beiden Rassen oft miteinander vermischt worden, was sich bei dem Aufspalten der Würfe, den Rückschlägen auf die jeweils andere Rasse (glatte Welpen bei Komondor, zottige bei Kuvasz) und dem Bemühen des 'Komondor-Klubs' äußerte, bei der schmalen Zuchtbasis die uneinheitlichen Zuchttiere auf zwei Kategorien verschiedener Ausstellungs- und Zuchtqualität zu verteilen. Die recht anfechtbare 'Kategorie II' wurde allerdings sehr bald ausgeschieden. Die Rassenamen Komondor und Kuvasz festigten sich im Züchterbewusstsein um so mehr, je zielbewusster gezüchtet wurde. Das neue, jetzt als Band I bezeichnete endgültige Zuchtbuch des Komondorklubs erschien 1929 und enthielt Nachweise auch über bereits wieder eingegangene ungarische Hirtenhunde. Der älteste der 204 eingetragenen Komondore war 1914, der älteste der 320 Kuvasz 1913 gewelpt, also erst etwa 11/2 Jahrzehnte, nachdem Zorn bereits diese Rassen anbot."

Historisches Foto
Quelle: Internet

Es wurde beim Kuvasz schon beschrieben und ist beim Komondor sehr ähnlich, die Farbe weiß war bei beiden Rassen mehr oder weniger Zufall, denn beide Rassen wurden auch in anderen Farben gezüchtet. Erna Mohr schreibt dazu in ihrem Buch:

"Es ist uns heute selbstverständlich, daß der Komondor ein reinweißer Hund ist. Und von 1930 an fehlen deshalb auch Eintragungen über die Farbe. Im ersten Komondor-Zuchtbuch jedoch sind unter 204 eingetragenen Tieren nur 131 als reinweiß bezeichnet. Außerdem: 31 weiß mit gelben (oder braunen) Behängen, 6 gelblich-elfenbeinfarben, 2 weiß mit gelblichem Rücken, 5 weiß mit gelbem (oder schwarzem) Sattel und Behang, 1 weiß mit Platten, 19 sandgelb, 1 grau mit weißer Brust, 2 aschgrau, 2 rein schwarz, 4 schwarz mit weißen Abzeichen an Kopf, Hals, Brust oder Pfoten.

Eine der grauen Hündinnen warf 1925 in einem Probewurf nach einem weißen Siegerrüden zwei schwarze Welpen und wurde daraufhin aus der Zucht genommen; seither kamen keine 'andersfarbigen' Komondore mehr vor, höchstens dass in den nächsten Jahren vereinzelt gelbliche Behänge auftraten."

Es existierte wohl auch in der Originalausgabe des Buches von Erna Mohr ein Bild von einem schwarzen Komondor. 

Ausstellung in Ungarn
Foto: Birgit Meyer

Woher aber kam diese schwarze Farbe bei einem an sich schon relativ reinweiß gezüchteten Hund? Ganz sicher aus den schon beschriebenen Mischungen mit anderen Rassen. Genannt wurde schon der Kuvasz, denn auch dieser wurde zeitweise in schwarz gezüchtet. Aber auch der Puli dürfte hier der "Sünder" sein. Denn bei Erna Mohr fand ich einen Hinweis darauf, sie schreibt:

"Der Grund für die frühere Ablehnung war die von Raitsits eingerichtete Klasse Polizeipuli für die Übergrößen, die kaum kleiner waren als schlecht gewachsene Komondore, so dass eine Vermischung leicht geschehen konnte. Das wir davor auch heute noch nicht in allen Fällen sicher sind, zeigt ein Brief, den mir im Dezember 1965 eine ungarische Züchterin schrieb: 'Augenblicklich habe ich 9 erwachsene, 7 kleine Komondore, 6 Pulis und 7 Mischlinge. Der Komondorrüde hat die Pulihündin gedeckt: 7 schwarze Puli und 1 weißer Komondor ist geboren. 2 Pulis waren ein bisschen fleckig bei den Pfoten und an der Brust, die anderen waren ganz schwarz. Der Komondor ist dreimal so groß wie die Pulis.' Diese gesamten Mischlinge können ihren Erwerbern noch manche Überraschung bescheren, da die evtl. Aufspaltung z. T. erst in der übernächsten Generation zu erwarten ist."

Ungarisch gut gemischt gibt:
gute Hunde und ein gutes Essen
Foto: von Gabi Hahlweg

Wie schon geschrieben, ab ca. 1930 fehlte die Angabe der Farbe im Standard. Aber damit waren die Hunde noch lange nicht reinweiß, es kamen immer wieder cremefarbene oder beige Hunde vor. Denn die Zucht auf weiß ist nicht ganz einfach, bzw. - so glaubten wenigstens eine Reihe von Züchtern in der Anfangszeit der Ungarnzucht - sie führt zu Pigmentverlust. Auch dazu fand ich einen Hinweis bei Erna Mohr:

"Kuvasz und Komondor gingen aus ursprünglich mehr oder weniger einheitlich gelbweißen Tieren hervor, bei denen man durch sorgfältige Zuchtwahl auf Weiß die Gelb- und Elfenbeinkomponenten möglichst zu reduzieren suchte.

In der gleichen Zeit, in der der gelbe Kuvasz in Frankfurt lebte, war in Frankfurt - Bonames ein importierter gelber Komondorrüde, typisch im Gebäude und mit reichen, aber nicht sehr festen Schnüren. Das Weiß von Kuvasz und Komondor, ein stark verblasstes Gelb, ist genetisch etwas ganz anderes als das Weiß des Pyrenäenhirtenhundes. Hier neigt das Weiß keineswegs zum Vergilben, nicht einmal zur Elfenbeinfarbe, sondern es ist eine bis ins Extrem gesteigerte Weißscheckung."

Es wurde schon darauf hingewiesen, anscheinend fanden auch Verpaarungen zwischen Komondor und Puli statt. Dies war nicht mehr möglich, als die Rassehundeclubs in Ungarn auf eine strenge Trennung achteten und nur noch das ursprüngliche Zuchtbuch (MET) anerkannt wurde. Zur Situation in Deutschland schreibt Erna Mohr:

"Die Ablehnung weißer Pulis bei uns ist wesentlich begründet durch den verschiedenen Erbgang des Weiß bei Puli und Komondor. Da weiße Pulis extreme Schecken sind, muss selbst bei Verpaarung zweier weißer Pulis jederzeit auch mit gescheckten Welpen gerechnet werden (also 'Tibetterrier'). Ein zu großer weißer Puli wäre äußerlich schwer von einem kleineren Komondor zu unterscheiden, und bei einer Mischung besteht die Gefahr, dass der Scheckfaktor in die Komondornachzucht gerät. Dass derartige Paarungen selbst noch in jüngster Zeit stattfanden, wurde bereits auf S. 53 näher ausgeführt und bestärkt nur den Widerstand gegen Importe."

Komondor mit der "Verwandtschaft"
Foto: Birgit Meyer

All diese "Kinderkrankheiten" oder gewollten und ungewollten Verpaarungen wurden beendet, als Mut, der erste Vorsitzende des "Komondor Clubs" daran ging, Kuvasz und Komondor sauber zu trennen, bzw. als man endgültig erkannte, dass man es mit zwei Rassen zu tun hatte. Mut führte nämlich die Trennung dadurch herbei, dass er beim Kuvasz zwei Kategorien einführte. Kategorie eins waren die zweifelsfrei reinen Kuvasz und in Kategorie 2 wurden Hunde eingeordnet, die nicht reinrassig waren, also Komondorblut hatten.

Indirekt wurde auf diese Weise eben auch beim Komondor eine Trennung möglich gemacht. Inwieweit beim Komondor mit den bisherigen "Mischlingen" aus Kuvasz und Komondor weiter gezüchtet wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Allerdings wird auch hier immer mehr Wert darauf gelegt worden sein, reinrassige Hunde zu züchten.

Verwandte

Auch für den Komondor gilt trotz seines anderen Haarkleides ähnliches, wie für den Kuvasz. Auch er ist um mehr oder weniger viele Ecken mit den Hirtenhunden der Tatra verwandt, bei denen man relativ unterschiedliche Schläge findet, egal welcher Rasse sie angehören und diese Schläge zeigen nach Meinung von Erna Mohr, dass sie einmal aus Kuvasz- und das andere Mal aus Komondor-Linien stammen, oder mit ihnen gekreuzt wurden. Verwunderlich ist dies deswegen nicht, weil die gesamte Tatra Weidegebiet war und unter den Hirten immer ein Austausch statt fand. Dieser Austausch schloss aber auch andere Hunde aus anderen Gebieten ein.

Erna Mohr schreibt dazu:

"WieIand bringt 1938 verdienstlicherweise eine Anzahl Bilder von bodenständigen polnischen Hütehunden. Da solche offenbar zu den bisher mit am wenigsten beachteten Hundetypen zählen, ist jedes unmittelbar aus Polen stammende Photo von großem Interesse. Aber wenn man bedenkt, wie lange es gedauert hat, bis wir Mitteleuropäer Namen und Habitus der Ungarischen Hirtenhunde Kuvasz und Komondor wirklich einwandfrei auseinander zu halten wussten, sollte man bei den polnischen Hirtenhunden von vornherein auf die landesüblichen Benennungen achten. Diese Hunde werden zur Hauptsache in den Dörfern und auf den Almen der Tatra und deren Vorbergen gehalten, und von all diesen Hundeschlägen zusammen spricht man dort als von 'Owczarek Podhalanski'. Als 'Podhale' bezeichnet man das ganze Gebiet der Tatra-Vorberge, spricht also von Schafhunden der Vortatra bzw. von der Alm. Owtscharka ist die russische Bezeichnung für einen Hütehund schlechthin und bedeutet nur Schafhund.

Die reinen ungarischen Rassen Kuvasz, Komondor und Puli kennt man in Polen sehr wohl, doch sehen ihre Hirtenhunde auf der Tatra etwas anders aus ...

... Dass zwischen dem polnischen und dem tschechoslowakischen Teil der Tatra Hunde ausgetauscht werden, ist selbstverständlich, denn die Tatra ist im Grunde eine landschaftliche und z. T. auch wirtschaftliche Einheit, und der schmale Grenzpfad über den Tatrakamm läuft z. T. mitten durch die Hochalmen hindurch. Die Bezeichnung 'Liptak' besagt ja schon, dass man die Rasse als aus Liptauen, also von südlich der Tatra stammend, ansieht."

Foto: Birgit Meyer

An diesen Beispielen zeigt sich, dass "moderne" Autoren wie Petra Krivy völlig falsch liegen, wenn sie diese Rassen als Herdenschutzhunde bezeichnen, denn gerade die "Weissen" aus Ungarn und die Hunde der Tatra beweisen, dass immer wieder auch eine Vermischung zwischen Hüte- und Hirtenhunden statt gefunden hat. Also ist eine Abgrenzung nicht möglich und auch nie gewollt gewesen, denn es zählte immer nur die Arbeitsfähigkeit und die ergab sich daraus, für was die Hirten gerade einen Hund brauchten. Daher findet man nach Meinung von Erna Mohr auch in Hütehunden Komondorblut. Sie schreibt dazu:

"Ebenso sicher wie siebenbürgischer Einschlag ist solcher von Kuvasz und Komondor in den Tatrahunden, namentlich von ersteren, während der Komondor wohl mehr an der Ausgestaltung des Tatra-Pudels beteiligt war ... Es ist verständlich, dass die Hirten noch mehr Wert auf Leistung legten und den Partner für ihre bewährte Gebrauchshündin mehr nach dem besonderen Ruf als nach dem Äußeren des Rüden wählten. Form und Leistung gleicherweise zu berücksichtigen, ist bereits eine höhere Stufe, zu der allerdings die gefestigte Form schon geschaffen sein muss ... Etwas ganz anderes ... ist der zottige Tatra-Pudel, der sehr wahrscheinlich von Komondor und Puli beeinflusst ist ...

... Man darf eben bei all diesen Hundeformen nicht vergessen, dass es sich dabei ursprünglich nicht um Rassezuchten im Sinne unserer modernen Zuchtbestrebungen handelt, sondern um reine Gebrauchszuchten, aus denen man erst neuestens gewisse Endformen der Variationsbreite herausgreift und mehr oder weniger willkürlich benennt. Alle diese 'Rassen' gehen an Ort und Stelle teilweise noch so ineinander über, dass man wirklich oft nicht sagen kann, wo die eine anfängt und die andere aufhört. Rassenzucht im modernen Sinne kennen ja diese Hirten überhaupt nicht ebenso wenig wie etwa die Schäfer Württembergs oder der Rhön unseren 'Deutschen Schäferhund' nach Standard züchten."

Wie weit diese Vermischung gegangen ist, zeigt Erna Mohr am Beispiel eines Komondor:

"Andererseits ist es aber auch nicht verwunderlich, dass selbst in unseren, jetzt durch viele Generationen durch gezüchteten Rassen hin und wieder Rückschläge auftreten. Diese betreffen häufiger nur ein einzelnes Tier des Wurfes als mehrere oder gar alle. Das geschieht auch nicht nur bei unsern Ungarnrassen ... In einem Wurf zweier äußerlich völlig einwandfreier Komondore blieb das als Deckwelpe 1949 in die Landesgruppe Nord gegebene weibliche Jungtier zeitlebens kurz- und glatthaarig wie ein stockhaariger Siebenbürger; das Haar blieb noch weit kürzer als bei einem schlecht behaarten jungen Kuvasz. Vor 30 und 40 Jahren waren Rückschläge verständlicherweise noch häufiger. So kamen bei dem von mir jahrelang beobachteten Komondorzuchtpaar des Warschauer Zoos Anfang der dreißiger Jahre neben gut behaarten zottigen Welpen auch ganz glatthaarige mit etwa 6 cm langem Vlies, die nicht zu unterscheiden waren von dem Rückschlagwelpen eines reinen Kuvaszpaares."

Und ebenfalls auf die vielfältige Verwandtschaft hinweisend, schreibt sie:

"Mehr komondorähnlich bzw. wegen des nicht in Schnüren verzotteten Haarkleides mehr bobtailähnlich sind z. B. der polnische Niederungshirtenhund ... von Smyszynski 1967, sowie der südrussische Owtscharka, von Tarnowsky 1966 beschrieben."

Foto: Birgit Meyer

Der Standard

FCI - Standard Nr. 53 / 13.09.2000

Urspung: Ungarn

Datum der Publikation des gültigen Orginalstandards: 06.04.00

Verwendung: Hirtenhund

Klassifikation FCI: Gruppe 1 Hüte und Treibhunde

Sektion 1 Schäferhunde - ohne Arbeitsprüfung

Kurzer geschichtlicher Abriss

Der Komondor ist eine alteingesessene ungarische Hirtenhunderasse asiatischen Ursprungs. Seine ursprünglichen Vorfahren kamen aller Wahrscheinlichkeit nach mit den wandernden, als Nomaden von der Viehzucht lebenden Altmagyaren ins Karpartenbecken.

Allgemeines Erscheinungsbild

Der Komondor ist groß gewachsen und kräftig gebaut. Die gewinnende äußere Erscheinung und die würdevolle Haltung wecken im Beobachter Ehrfurcht, eventuell auch Angst. Er ist von Natur nicht einschmeichelnd. Der robuste Körper ist mit verfilzten, zottigem, durchwegs dichtem, langem Haar bedeckt. Der Körper bildet von der Seite gesehen ein vom Quadrat geringfügig abweichendes, liegendes Rechteck. Der dicht behaarte Kopf überragt den Körper. Die Rute wird hängend getragen, wobei das Rutenende nahezu zur Horizontalen aufgebogen ist. Das Haarkleid ist elfenbeinfarben.

Wichtige Proportionen

Die Körperlänge übertrifft die Widerristhöhe geringfügig.

Die Brustkorbtiefe entspricht in etwa der Hälfte der Widerristhöhe.

Der Fang ist etwas kürzer als die Hälfte der Kopflänge.

Foto: Birgit Meyer

Kopf

Breit, in guter Proportion zum Körper. Auch die dichte, schirmförmige Behaarung macht ihn nicht disproportioniert.

Schädel gewölbt. Die Augenbrauenbogen sind gut entwickelt. Stop Gut ausgebildet, aber nicht zu steil.

Nasenschwamm: Er ist gerade stumpf geschnitten, schwarz.

Fang: Nicht spitz zulaufend. Nasenrücken gerade.

Lefzen: Schwarz. Sie sind fest am Gebiss und den Kiefernknochen anliegend;

Kiefer/Zähne: Kiefer sehr üppig bemuskelt, kräftig und mächtig, regelmäßiges und der Zahnformel entsprechend vollzahniges Scherengebiss.

Backen: Breit und mittellang.

Augen. horizontal eingesetzt, dunkelbraun. Die schwarzen Augenlider liegen dem Augapfel fest an.

Ohren: Am gewölbten Schädel mittelhoch angesetzt; sie sind direkt und eindeutig hängend und zeigen eine V - oder U-Form. Die Ohren werden weder bei Aufmerksamkeit noch bei Angriff angehoben.

Hals: Sehr gut bemuskelt. Er bildet mit der horizontalen einen Winkel von 35 Grad. In der Ruhe und in friedlicher Situation wird er fast in der Fortsetzung der Rückenlinie getragen. Er ist eher kurz als mittellang. Ohne Wamme und ohne Halskrause.

Körper

Obere Profillinie: Die Körperteile, welche die Oberlinie bilden, sind breit und reichlich bemuskelt. Widerrist: Genügend lang, vorne ausgeprägt. Rücken kurz. Kruppe breit, mittellang, leicht abfallend. Brust breit und kräftig bemuskelt. Brustkorb: mitteltief, breit, lang. Bauch leicht aufgezogen.

Rute

Tief angesetzt, eindeutig hängend; das Rutenende zeigt eine leichte Krümmung nahezu zur Horizontalen. Es ist erwünscht, dass die Rute bis zum Sprunggelenk reicht. Im Zustand der Erregung hebt der Hund die Rute höchstens bis zur Höhe der Rückenlinie.

Foto: Yvonne Wolf

Gliedmaßen

Vorderhand: Die Beurteilung der Gliedmaßen wird in großem Maße durch das lange, zottige Haarkleid beeinträchtigt. Die Vorderläufe sind säulenartig und von vorne und von der Seite gesehen, gerade, parallel und senkrecht. Die Brust ist breit, was zu weit voneinander entfernten, stämmigen und frei beweglichen Gliedmaßen führt. Die Gliedmaßen sind fest mit dem Körper verbunden. Die Knochensubstanz ist kräftig und mächtig. Die Gelenke sind voluminös.

Schultern: Die Schulterblätter sind mäßig schräg liegend. Die Schulterblattspitzen befinden sich vertikal über den tiefsten Punkt der Brust.

Vorderpfoten: Groß, stramm, mit eng anliegenden Zehen. Die Ballen sind schiefergrau, voll und gut gepolstert. Die Krallen sind grau.

Hinterhand: Die Stellung der hinteren Gliedmaßen unterstützt den Körper mit mäßigen Winkelungen. In der Fortsetzung der mittellangen Kruppe sind breite und starke Gliedmaßen erwünscht.

Oberschenkel: Kräftig bemuskelt, umfangreich.

Hinterpfoten: Länger als die Vorderpfoten, sonst gleich. Afterkrallen sind zu entfernen.

Gangwerk

Bewegung leicht, frei und gemessen. Der Schritt ist weit und raumgreifend.

Haut

Die Haut enthält viel Pigment und ist schiefergrau. Es ist vorteilhaft, wenn Zahnfleisch und Gaumen auch dunkel pigmentiert sind. Exemplare mit verminderter Pigmentierung und rosafarbener Haut sind nicht erwünscht.

Foto: Yvonne Wolf

Haarkleid

Haar: Der ganze Körper ist mit langem Haar bedeckt. Das Haarkleid besteht aus einem derberen Deckhaar und feinerer Unterwolle. Der Charakter des Haarkleides ist durch das Verhältnis des Deckhaars zur Unterwolle bestimmt. Das zottige, zur Verfilzung neigende Haarkleid ist eine Grundforderung. Ein gleich dichtes, gewelltes, verschnürtes Haarkleid kommt aber auch vor. Die kleineren Haarbüschel sind wenig oder nicht filzig. Die Länge des Haarkleides ist an der Kruppe, in der Lendengegend und an der Hinterseite der Oberschenkel am längsten (mindestens 20 - 27 cm), am Rücken, seitlich an der Brust und in der Schulterblattgegend mittellang (mindestens 15 - 22 cm), an den Backen, Augenbrauenbogen, auf der Höhe des Kopfes, an den Ohren, am Hals und an den Gliedmaßen kürzer (10 - 18 cm), an den Lefzen und unten an den Gliedmaßen am kürzesten (9 - 11 cm). Weder ausgekämmte noch völlig ungepflegte Haare sind erwünscht.

Farbe

Elfenbeinfarben

Größe und Gewicht, Widerristhöhe:

Rüden: mindestens 70 cm

Hündinnen: mindestens 65 cm

Gewicht: Rüden: 50 - 60 kg

Hündinnen: 40 -50 kg

Die Rasse zeigt wenig Typfehler und ist in großem Maße homogen, da sie von früher her immer mit dem gleichen Zuchtziel gezüchtet wurde.

Fehler

Jede Abweichung von den vorgenannten Punkten muss als Fehler angesehen werden, dessen Bewertung in genauem Verhältnis zum Grad der Abweichung stehen sollte.

Insbesondere

Mangelhafte Pigmentierung an Nasenschwamm, Augen und Lidrändern.

Lose Augenlider

Ringelrute

Ausschließende Fehler

Schlaffer, muskelarmer Körperbau.

Vorbiss, Rückbiss, Kreuzgebiss.

Entropium, Ektropium.

Aufrecht stehende, leichte Ohren.

Kurze Rute (3 cm über dem Sprunggelenk endend)

Schwere Gliedmaßen und Bewegungsfehler.

Anders farbiges Haarkleid; mehrfarbiges Haarkleid.

Von der unteren im Standard festgesetzten Größe abweichend.

Rüden müssen zwei offensichtlich normal entwickelte Hoden aufweisen, die sich vollständig im Hodensack befinden.

Foto: Yvonne Wolf

Charakter

Ähnlich dem Südrussen wird der Komondor als sehr unnahbar beschrieben. Und wenn sein Name wirklich soviel wie düster, mürrisch oder zorniger Laune bedeutet, dann passt das wenigstens gegenüber ihm nicht vertrauten Personen ganz gut.

Ansonsten wird aber auch aus ihm ein wahrer Held gemacht und so stimmt die Beschreibung natürlich auch nicht. Auch Komondorok sind Hunde und als solche haben sie eben auch mehr oder weniger Ähnlichkeit mit anderen Rassen. Daher soll versucht werden, in diesem Kapitel den Hund auf dem Teppich zu lassen, aber doch auf einige Besonderheiten der Rasse hinzuweisen.

Eine der wichtigen Eigenschaften des Komondor ist, dass er aufgrund der langen und sehr entbehrungsreichen Zucht ein sehr freiheitsliebender und selbstständiger Hund ist. Obwohl das auch für andere Hirtenhunde zutrifft, scheinen diese Eigenschaften beim Komondor besonders ausgeprägt zu sein. Daher sollte er nicht in eine Wohnungshaltung kommen. Auch die alleinige Haltung im Haus ist nach meiner Meinung nicht geeignet, denn ich glaube, dass so eine Haltung auch zu gesundheitlichen Schäden führen kann, die schon durch das Fell entstehen können.

Daher muss ein Komondor entscheiden können, wo er sich aufhält. Natürlich wird es die berühmten Ausnahmen geben und dann hat eben ein Besitzer ein Foto, dass einen selig schlafenden Komondor auf dem Sofa zeigt. Nur die Regel wird das nicht sein.

Der schmusende Sofa-Komondor
Foto: Peter Ihde

Aufgrund seiner Selbstständigkeit ist es sehr wichtig, diese Charaktereigenschaft in die richtigen Bahnen zu lenken, er muss also sehr früh lernen, was er darf und was nicht. Nur darf man dann nicht erwarten, dass er in blindem Gehorsam sofort folgt. Dies kenne ich aber auch bei unserem Sarplaninac, der mir als Antwort geben würde, wenn ich ihn abrufe, komme ja gleich, aber erst wenn ich hier fertig bin. Wer dieses Verhalten nicht anerkennt und die Hunde erzieht oder ausbildet, wie z. B. "Gebrauchshunde", hat nach meiner Meinung von der Kultur eines Hirtenhundes nicht viel kapiert.

Eigentlich sagt man dem Komondor nach, er sei eine ausgesprochener "Einmannhund", das glaube ich so aber nicht, denn er ist in "seiner" Familie sehr treu, ruhig und geradezu ergeben. Das bedeutet allerdings auch, er verteidigt diese sehr massiv. Und damit verbunden ist immer ein gewisses Misstrauen gegenüber Fremden. Aber Hund ist Hund und so wage ich die Behauptung, er sei unbestechlich, auch anzuzweifeln. Welcher Hund wäre das tatsächlich?

Bestens geeignet ist der Komondor als Beschützer und Wächter von Haus und Hof. Aber ich möchte nicht schreiben, er sei ein Wachhund, denn nur als solcher eingesetzt, ohne Integration in der Familie, gäbe es sicher Haltungsprobleme. Denn alle Hirtenhunde müssen diese Aufgabe freiwillig übernehmen. Sehen diese nämlich etwas nicht ein, tun sie es auch nicht. Und so mancher "Wachhund" wird eben immer noch an der Kette gehalten und dafür ist ein Komondor absolut ungeeignet.

Anghi schreibt dazu 1938:

"Der Komondor war jahrhundertelang der Hüter der Rinder-, Schweine- und Schafherden. Die bloße Gegenwart des Komondors schon flößt seinem Herrn ein gewisses Sicherheitsgefühl ein und zwingt den bösgesinnten Fremden zum Nachdenken. Der Komondor versieht seinen Wachtdienst zufolge seiner mürrischen und zur Vertraulichkeit nicht neigenden Natur mit Würde. Er trägt nicht nur seine Abneigung dem Fremden gegenüber zur Schau, sondern ist auch seinem Herrn gegenüber kein Schmeichler. Nur durch einige Wedeltakte mit dem Schwanz drückt er seinem Herrn gegenüber seine Anhänglichkeit aus. Charakteristisch für seinen Wert ist, dass der die Pußta bewohnende Bauer einen jungen Komondor um ein Mutterschaf samt Lamm, um einen Frischling oder 2 Zentner Mais zu verkaufen pflegt."

Übertrieben wird auch beim Komondor, wenn es um die berühmt berüchtigte Angriffsbereitschaft geht. Auch er ist ein defensiver Hirtenhund, der erst mal mit viel Theaterdonner und Show beeindrucken will, bevor er angreift. Denn würde er ein solches Verhalten immer zeigen, wäre es nicht, oder nur sehr schwer möglich, ihn an Fremde zu gewöhnen, bzw. ihm beizubringen, dass er diese "in Frieden" lässt, wenn es der Besitzer wünscht.

Bewacht wird alles,
hier einen historischen Krämermarkt
Foto: Peter Ihde

Auch Komondorok sind sehr spätreif, das heißt, sie haben zwar bereits mit weniger als 2 Jahren annähernd ihre volle Körpergröße erreicht, aber "geistig" erwachsen sind sie erst mit etwa 3 - 4 Jahren. Allerdings zeigen sie, was in ihnen steckt, bereits in Ansätzen im Alter von wenigen Monaten. Wie bei den anderen Hirtenhunderassen heißt das aber auch, die volle Körpergröße ist zwar fast erreicht, aber äußerlich können sie sich noch stark verändern. So stelle ich bei unserem Sarplaninac im Alter von über drei Jahren fest, dass sich sein "Schädel" immer noch "auslegt". Wenn man diese späte Reife beachtet, heißt da in meinen Augen allerdings auch, dass man sowohl Hündinnen wie auch Rüden nicht zu früh in der Zucht einsetzt. Denn auch geschlechtlich entwickeln sich die Hunde langsamer und daher sollte ihnen auch hier Zeit gegönnt sein. Das heißt für mich, ab dem 24. Monat kann man einen Einsatz erwägen. Hier werden sicher die Züchter und Vereine protestieren, aber ist es denn wirklich so wichtig, ob eine Hündin einen Wurf mehr oder weniger hat, oder ob ein Rüde etwas später decken darf?

Als Wächter der Herden sind sie den Umgang mit anderen Tieren gewohnt, trotzdem staune ich immer wieder, wie schnell sich Hirtenhunde an andere Tiere in ihrer Umgebung gewöhnen. Dazu schreibt Valeria Slembrouck:

"Auch andere im Haushalt lebende Tiere akzeptieren sie in der Regel problemlos. Besonders enge Bande pflegen sie zu Jungtieren zu knüpfen, die innerhalb ihres Wirkungsbereiches geboren werden oder aufwachsen. Sie können geradezu verliebt sein in kleine Lämmer oder Zicklein oder auch Kätzchen, die in ihrem Haushalt aufwachsen. So verfolgte z. B. die Komondorhündin der Autorin jedes neu im Haushalt eingezogene Katzenkind wie vernarrt und stets besorgt tage- bis wochenlang schwanzwedelnd auf Schritt und Tritt durch alle Räume -immer mit der Nase dicht am Hinterteil des vornweg laufenden Tierchens. Von anderen Komondoren wird berichtet, dass sie 'ihre Kätzchen' im Maul von Raum zu Raum herum tragen. Ihr angeborener Drang, kleinere und schwächere Lebewesen zu beschützen und zu bemuttern, ist stark ausgeprägt."

Aufgrund seiner "Selektion" und der alten Tradition der Haltung vertragen sich Komondorok sehr gut mit anderen Hunden, vorausgesetzt, man gewöhnt sie sehr früh an solche und andere Hunde erkennen deren "Oberherrschaft" an.

Immer wieder ist zu lesen, der Komondor, wie andere Hirtenhunde auch, gehöre nur in erfahrene Hände. Es stellt sich nur die Frage, wer ab wann geeignet ist und woher er seine Eignung hat. Gerade in Deutschland gibt es eine Szene von Haltern, denen ich solche Hunde nicht anvertrauen würde. Die aber glauben, dank ihrer Einbildung, ihres Nichtverstehens oder gar einer Tätigkeit als Funktionär/in in einem Verein seien sie qualifiziert. Meiner Meinung nach kommt jeder mit Hirtenhunden zurecht, der sich Gedanken über die Rassen macht, sich informiert und das ganze ruhig, gelassen und selbstbewusst angeht. Eine ganze Reihe von Hunderassen hat eben einen sehr eigenständigen Charakter und den muss man akzeptieren und kennen.

Valeria Slembrouck beschrieb den Charakter des Komondor als

"... durch und durch ehrliche Haut - geradlinig und konsequent in seinen Handlungen und Reaktionen, auch wenn diese nicht immer mit der Einschätzung durch uns Menschen konform gehen. Erfährt er eine konsequente und faire Führung von Seiten seines Meisters, so erwidert er diese mit Respekt und echter, tiefer Loyalität und unverbrüchlicher Freundschaft für die Seinen, mit denen er einen 'Bund fürs Leben' eingeht."

Foto: Peter Ihde

Immer wieder wird behauptet, auch beim Komondor gehöre es zum Charakter, dass er bei Einbruch der Dunkelheit nachtaktiv wird und damit besonders wachsam. Würde dies stimmen, behaupte ich in Zukunft, auch die Angewohnheit einer meiner Schäferhündinnen, besonders toll meine Handschuhe zu holen, sei genetisch und rassetypisch gewesen. Über diese so genannte Nachtaktivität erschien im Kaukasen-Blättle ein Artikel und daher brauche ich nicht alles zu wiederholen. Geschrieben sei aber, diese Behauptung ist falsch und zeigt, dass einige dieser Experten die Hunde offensichtlich für blöd halten. Übrigens haben meine Hunde erkannt, dass bei Nacht sehr wenig los ist und so benehmen sie sich bei Spaziergängen in der Dunkelheit, wie "tagaktive" Hunde.

Ebenfalls immer wieder zu lesen, diese Rasse sei durch eine besonders harte "Selektion" gegangen und daher auch im Charakter besonders hart und ausdauernd. Abgesehen davon, dass alle Hirtenhunderassen immer nur nach ihrer Arbeitsfähigkeit und ihrer "sozialen Kompetenz" ausgesucht wurden, entstehen durch derartige Beschreibungen falsche Vorstellungen der Hunde. Wenn schon über eine derartige Auswahl geschrieben wird, dann sollten die Autoren/innen beachten, dass zwar gezwungenermaßen "selektiert" wurde nach Wetterfestigkeit, aber bei der Arbeitsfähigkeit nie eine so genannte Schärfe oder gar Aggressivität eine besondere Rolle spielte. Das Gegenteil ist der Fall und das wurde z. B. in der Rassebeschreibung des Kangal ausführlich aufgezeigt.

Allerdings hat mir in einer ganzen Reihe von Beschreibungen sehr gefallen, dass darauf hingewiesen wurde, auch der Komondor folge aus Zuneigung. Dies ist in meinen Augen richtig, auch wenn der große "Herdenschutzhundekenner" Günther Bloch immer behauptet, man solle sich von der Vorstellung verabschieden, Hunde hätten ihren Menschen gegenüber Gefühle der Zuneigung oder gar Liebe, in Wirklichkeit betrachteten sie diese als reine "Dosenöffner".

Alf "grast"
Foto: Yvonne Wolf

Vielleicht kann man diese Rasse und ihren Charakter zusammenfassend so beschreiben, wie ich einige Sätze in einer Beschreibung fand:

"Sein Besitzer sollte ihm charakterlich ebenbürtig sein, ... also ein Mensch mit natürlichem nicht vorgetäuschtem oder auftrumpfenden - Selbstbewusstsein, Intelligenz und echter Zuneigung für den Hund sowie dem Wissen, dass man den Komondor weder ungerecht bestrafen noch mit körperlicher Härte erziehen oder behandeln darf. Der Komondor wird ein angenehmer Familienhund, wenn er mit sachkundiger und liebevoller Einfühlung, Geduld und Konsequenz erzogen wird. Er wird nicht den Gehorsam z. B. eines deutschen Schäferhundes zeigen, der Komondor-Charakter ist von völlig anderer Art, daher lässt er sich auch nicht 'abrichten', wer so etwas sucht, sollte nicht den Komondor wählen! Härte, Gewalt und Ungerechtigkeit lässt er sich nicht gefallen, er wird sich wehren und vor allen Dingen das Vertrauen zu seinem Menschen verlieren und dann wird es schwierig."

Haltung

Es ist bereits angeklungen, für eine reine Wohnungshaltung ist auch der Komondor ungeeignet. Abgesehen davon, dass er sicher in einer solchen dafür sorgen würde aufgrund seines Felles, dass der Maler und Tapezierer einmal im Monat erscheinen müsste.

Daher will ich nicht alles schon geschriebene wiederholen und kurz nur darauf hinweisen, dass in den anderen Rassebeschreibungen bereits darüber ausführlich geschrieben wurde, Hirtenhunde soweit wie möglich im Freien zu halten, ihnen aber die Möglichkeit zu geben, wenn sie es wünschen, sich auch im Haus und damit in der Nähe "ihrer Menschen" aufzuhalten.

Eine derartige Haltung hat sicher auch den Vorteil, dass die Gesundheit positiv beeinflusst wird. Als Beispiel sei genannt, dass eine ganze Reihe von Züchtern/innen darauf hinweisen, dass HD durch glatte und rutschige Böden gefördert wird, oder gar entstehen kann. Obwohl diese Erfahrungen noch nicht mit letzter Sicherheit wissenschaftlich bewiesen sind, glaube ich ebenfalls, dass hier Artrosen und HD tatsächlich beeinflusst werden.

Es versteht sich von selbst, dass auch beim Komondor eine Kettenhaltung abzulehnen ist. In diesem Sinne wäre es schön, wenn diese Haltung endlich verboten würde.

Foto: Yvonne Wolf

Zur Haltung gehört auch der tägliche Spaziergang. Und der sollte nach den Bedürfnissen der Hunde ausgerichtet werden. Jogger und Spaziergänger mit eingebautem Kilometerzähler in bestimmten Zeiträumen sollten ihre Finger auch von dieser Rasse lassen. Ein Komondor bestimmt seinen Spaziergang selber, dass heißt, er gibt die dazu benötigte Zeit vor und er bestimmt, wo stehen geblieben wird und wo nicht. Lediglich die Strecke oder deren Länge sollte von Menschen beeinflusst werden. Unsere Hunde benötigen immer unterschiedlich lange Zeit, je nachdem, was am Tage so los war. Das gehört zum Verständnis eines jeden Hirtenhundes und muss so sein.

Am Schluss dieses Kapitels möchte ich noch auf etwas hineisen, was in den Augen vieler Hirtenhundehalter angeblich unbedingt notwendig ist. Nach deren Meinung sollte ein Hirtenhund ein großes Grundstück haben und da werden dann Zahlen genannt von 2.000 qm an aufwärts. Wenn dann dazu auch noch andere Tiere da sind, ist die Haltung perfekt.

Über diesen Blödsinn kann sich jeder selbst seine Gedanken machen, der mal seinen eigenen Hund beobachtet hat, auch wenn es kein Hirtenhund ist. Liegen nämlich hinter dem Haus Tausende von Quadratmetern und alle Besucher und Spaziergänger bewegen sich nur vor dem Haus, könnte man aus Sicht des Hundes diesen Teil dahinter verkaufen, denn er hat für ihn überhaupt nichts interessantes. Darum sollte man auch diese "Forderung" der so genannten "Experten" getrost vergessen.

Andere Tiere im Haus zu haben, macht sicher auch einem Hirtenhund Spaß, aber wegen ihm solche anzuschaffen, ist überflüssig, denn wenn er anders sozialisiert wurde, vermisst er diese nicht. Genetisch gehören nämlich bei ihm weder Schafe noch anderes "Getier" zu den Bedürfnissen.

Einst in der ungarischen Tiefebene, heute...
Foto: von Gabi Hahlweg

Pflege

Irgendwo las ich einmal, man habe einen Komondor geschoren und den "Verschnitt" gewogen. Er hatte etwas über 6 kg. Dieser wurde gewaschen und dann blieb sauber getrennt vom Schmutz die Wolle übrig, die immerhin noch etwas über 3 Kilo wog. Das hat mich nachdenklich gemacht.

Es ist mir völlig klar, dass ich mich bei allen Haltern und Züchtern und insbesondere bei den Richtern absolut unbeliebt mache, wenn ich die Ansicht vertrete, mein Komondor würde gelegentlich geschoren.

Ausgehend von der Wäsche der Wolle denke ich mir nämlich, dass diese 3 Kilo Dreck sicher nicht sehr angenehm gerochen haben und das will ich mir und auch dem Hund soweit wie möglich ersparen. Trotz eines Standards und einer Ausstellungsordnung, die gerade dieses ausgeprägte Schnürenfell vorschreibt. Dazu kommt, dass ich schon einige historische Bilder von geschorenen Hunden gesehen habe und auch z. B. Erna Mohr darauf hinweist, dass sicher auch ein Grund für manche Verwechselung von Komondor und Kuvasz dadurch zustande kam, weil die Betrachter geschorene Komondor gesehen haben.

Foto: www.sportpension-wagner.de

Wie bei anderen Rassen auch haart nämlich auch der Komondor unter bestimmten Umständen aus. Die ungarischen Hirten nennen das, er hat sich ausgezogen. Diese Umstände können sein: ungenügende Fütterung, Krankheit, oder bei Hündinnen ein Wurf. Dieses Aushaaren wirkt sich so aus, dass der Hund seinen "Behang" an der Vorhand, am Bauch und am Brustkorb teilweise oder auch komplett verliert. Außerdem wird ein Arbeitshund auch "gekämmt" durch Sträucher und Gebüsch.

Während Welpen anderer Rassen ihr Babyfell komplett abwerfen und dann ihr endgültiges Fell bekommen, wächst beim Komondor sozusagen eine Schicht nach der anderen. Das heißt, das feine flaumige Haar verliert sich, es kommt eine bereits mittellange Behaarung nach und so etwa nach dem 9. Monat wächst das dauernde Haar und es beginnt die Verfilzung. Da diese Verfilzung oder die Schnürenbildung zum Standard gehört, ist Kämmen absolut unerwünscht, ebenso Baden der Hunde. Lediglich eine Fellpflege mit den Fingern ist zulässig, denn damit kann man die Schnürenbildung erreichen.

Auf diese Art der Fellpflege und wie man den standardgerechten Behang hinbekommt, möchte ich nicht näher eingehen, da ich davon absolut nichts verstehe. Wer also dazu Informationen sucht, sollte Seiten von Züchtern besuchen, oder sich einfach das Buch von Erna Mohr besorgen, darin wird es richtig beschrieben. Wichtig ist aber vielleicht, dass man mit dieser Pflege bereits beim Welpen beginnt; damit er sich rechtzeitig daran gewöhnt. Gefallen hat mir ein Satz über die Pflege, weil er natürlich die sozialen Kontakte vertieft: "Leitsatz für eventuelle, zukünftige Komondorbesitzer: Bitte gewöhnen Sie sich an, immer, wenn Sie den Hund bei sich haben, einige Zotteln zu trennen. Es ist eine Liebkosung für ihn, er wird es gerne haben und in punkto Haarpflege ist es bereits die halbe Miete."

Auch was für Touristenaugen, Pferdeschlaf
Foto: von Gabi Hahlweg

Allgemeine Pflege

Einige Pflegetipps sozusagen zur täglichen Pflege sind sicher nützlich, denn dieser Behang setzt schon voraus, dass man seinen Hund etwas intensiver pflegt, als andere Rassen. So sollten man den Haarbewuchs an der Innenseite des Oberschenkels frei schneiden, damit weniger oder kein Geruch entsteht, ebenfalls rund um das Geschlechtsteil. Und gelegentlich mit einem feuchten Handtuch diese Flächen abzuwischen, kann auch nicht schaden. Auch um den After sollte man die Haare oder Zotteln wegschneiden, damit kein Kot hängen bleibt. Dies empfiehlt sich übrigens auch für andere langhaarige Hirtenhunderassen.

Nach einem "Schlechtwetterspaziergang" empfiehlt es sich, die Pfoten mit klarem Wasser abzuspülen, denn in dem dichten Fell auch dort kann sich sonst zuviel Schmutz ansammeln, der reiben und sich dann entzünden kann. Ebenso sollte man darauf achten, dass sich zwischen den einzelnen Zehen keine Verfilzungen bilden. Diese einfach ausschneiden, ebenso, wie über den Pfotenrand hinauswachsende Zotteln.

Foto: Yvonne Wolf

Der Mann von Welt im guten Sonntagsanzug benützt beim Essen eine Serviette. Ein Komondor kann das nicht, daher sollte man ihm nach der Futteraufnahme kurz mit einem feuchten Tuch den "Bart" wischen und wenn die Haare zu lang werden, einfach kürzen. Das gleiche gilt für die Augenpartie. Immer mal wieder ausreiben und gelegentlich alle Haare um die Augen kürzen. Vielleicht ist das nicht ganz standardgerecht, aber auf jeden Fall für die Gesundheit der Augen gut. Auch die Ohren sollte man regelmäßig kontrollieren. Also säubern und zu viele Haare einfach abschneiden und das Innere der Ohrmuschel nicht vergessen. Ohrenzwang und andere Entzündungen müssen ja nicht sein.

Alter

Auch der Komondor kann dank seiner reinen Zucht auf Arbeitsfähigkeit und Robustheit sehr alt werden. So sind Hunde mit über 12 Jahren nicht die berühmte Ausnahme, in Ungarn sollen Komondorok das "biblische Alter" von über 17 Jahren erreicht haben und in einer Quelle habe ich gelesen, selbst 20 Jahre seien schon erreicht worden.

Ausblick

Am Schluss soll eines der Geheimnisse gelüftet werden, von den Petra Krivy schreibt:

"Komondor und Kuvasz existierten trotz ähnlichem Aufgabengebiet eigentlich immer parallel nebeneinander. Warum das so ist, konnte bislang nur sehr vage und spekulativ beantwortet werden und wird wohl ein großes Geheimnis bleiben."

Die beiden Rassen existierten deswegen immer nebeneinander, weil Hirten unterschiedlicher Meinung waren über die Arbeitsfähigkeit der Hunde. So bevorzugten die einen den Kuvasz und die anderen den Komondor. Die optischen Unterschiede sind entstanden durch eine Zucht nach Arbeitsleistung und so wurden sie dann auch erhalten. Natürlich spielt auch eine Rolle, dass beide Rassen aus verschiedenen Gegenden stammten und dann weiter gezüchtet wurden. Erst viel später verkreuzte man die Rassen, aber diese Geschichte wurde schon ausführlich behandelt.

Hartmut Deckert

Quellen:

Erna Mohr "Die ungarischen Hirtenhunde"
Klub für ungarische Hirtenhunde
Verschiedene Internetseiten

Nachsatz:

In einigen Rassebeschreibungen haben wir Bilder von Land und Leuten eingefügt. Die bekamen wir von den Fremdenverkehrsverbänden der Länder. Und einige haben uns förmlich "überrollt" mit Fotos und Informationen und darüber haben wir uns natürlich sehr gefreut. Nicht so der ungarische, erst hatten sie überhaupt nichts und dann verwies man uns auf eine HP, die wirklich dürftig war.

Wenn also die Organisation eines Urlaubes genauso mager ist, wie die Unterstützung unseres Portraits, sollte man und Frau auf Ungarn als Urlaubsland lieber verzichten und z. B. Polen oder Slowenien bevorzugen.

Gerettet haben uns mit Bildern Halter, Züchter und Liebhaber des Komondor.

Unser Dank geht daher an:

Die Sportpension von Edit und Peter Wagner in Ungarn, an Edina Kapuvary, an Peter Ihde und Birgit Meyer, die Kuvasz-Vereinigung-Deutschland e. V, Timea Kovacs und an die "alte" Komondorhalterin Ingrid Weininger, sowie an Yvonne Wolf und Gabi Hahlweg.

Ein Bild aus dem Land gibt es noch, das einfach zu Ungarn gehört, denn die berühmte "ungarische Post" ist ein fester Bestandteil eines jeden Touristenangebotes. Danke, Gabi.

Foto: von Gabi Hahlweg 

eingetragen: 03.11.2006

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